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Zawinul

© AFP

Jazz: Spiele elektrisch, klinge akustisch

Ein Österreicher, der den amerikanischen Jazz beeinflusst hat wie kein anderer Europäer: Zum Tod des legendären Pianisten Joe Zawinul.

Graumelierter Schnurrbart, große Ohren, wache, freundlich funkelnde Augen und auf dem Kopf eine gehäkelte, bunte Wollmütze. So kannte man Joe Zawinul, so saß oder stand er höchst konzentriert in einem Karree unterschiedlichster gestapelter Keyboards, E-Pianos und Synthesizern und spielte seine Musik zwischen Jazz und Pop, Rock und ethnischen Fusionen. Mit diesem speziellen, von ihm kreierten Stil hat der große österreichische Musiker in den 50 Jahren seiner Karriere den amerikanischen Jazz beeinflusst  wie kein anderer Europäer, abgesehen vom großen belgischen Gitarristen Django Reinhard. 28 Mal kürte das Jazzmagazin „Downbeat“ Joe Zawinul zum Keyboarder des Jahres. Darüber hinaus erhielt er unzählige Grammys und andere Auszeichnungen. „Spiele elektrisch, klinge akustisch“, hieß das Postulat, dem Zawinul Zeit seines Lebens folgte.

Josef Erich Zawinul, der besonders stolz war auf seine tschechisch-ungarischen Familienwurzeln, wurde am 7. Juli 1932 in Wien geboren, wo er im Arbeiterviertel Erdberg aufwuchs. Er hatte das große Glück, dass trotz der finanziell begrenzten Familienverhältnisse schon früh sein außerordentliches musikalisches Talent entdeckt und gefördert wurde und er kostenlosen Unterricht am Wiener Konservatorium erhielt. Mit 17 allerdings brach er das klassische Studium ab, weil ihn die moderneren musikalischen Ausdrucksformen des Jazz so viel mehr begeisterten und antrieben. Mutig und selbstbewusst ging er 1959 ins Mutterland des Jazz, studierte in den USA und fand als Pianist erstaunlich schnell Anerkennung unter den Größen des Genres. Nachdem er eine Weile die Sängerin Dinah Washington begleitet hatte, spielte er in den 60er Jahren als Pianist im Cannonball Adderley Quintett, dem er mit seiner Komposition „Mercy Mercy Mercy“ zu dessen größtem Hit verhalf.

Als er begann, sich zunehmend mit elektronischen Instrumenten zu beschäftigen, mit E-Pianos und Synthesizern, wurde die Zusammenarbeit mit dem Trompeter Miles Davis 1969/70 auf dessen Alben „In A Silent Way“ und „Bitches Brew“ wegweisend für die neue Richtung des Electric Jazz.

„Um diese Musik zu schreiben, musst du in dir selbst frei sein und Joe Zawinul sein, mit zwei braunen Kindern, einer schwarzen Frau, zwei Klavieren, aus Wien, ein Krebs und klischeefrei", schrieb Miles Davis 1971 in den Liner-Notes zu Zawinuls erstem Soloalbum. Nur Zawinul war Zawinul.

Immer weiter wagte sich der Wiener Keyboarder vor in bislang ungehörte Formen des Jazz, fusionierte Jazz mit Rock, Klassik und Folk unterschiedlichster ethnischer Provenienzen. Mit dem Saxofonisten Wayne Shorter gründete er 1970 die Band Weather Report. Später kam noch der Bassist Jaco Pastorius dazu, und über Jahre popularisierte Weather Report den Jazzrock als neues Genre. Unzählige Platten nahm Zawinul auf: mit Weather Report, solo und ab 1987 als Zawinul Syndicate mit wechselnden Formationen weltbekannter Jazzgrößen.

Obwohl er in Amerika lebte, ließ der Österreicher die Kontakte zu seiner Heimat und zu Wien niemals abbrechen. Gelegentlich gab er Konzerte mit seinem alten Freund und Landsmann, dem klassischen Pianisten Friedrich Gulda. Seit 2004 betrieb Zawinul in Wien den Jazzclub „Joe Zawinuls Birdland“, in dem er selbst regelmäßig auftrat. Gestern ist Joe Zawinul in einem Wiener Hospital an Krebs gestorben.

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