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Konzerthausorchester: Hohepriester an Laptops

Das Konzerthausorchester spielte im alten Rummelsburger Kraftwerk eine „Audi Sinfonie“.

Die Hauptrolle spielt das Licht. Schon bei der nächtlichen Anfahrt über die Rummelsburger Landstraße leuchten in der Ferne die vier Ringe an der Außenmauer des alten Kraftwerks. Zwei kräftige Strahler berühren die Wolkendecke wie riesige Finger. Eine ganze Batterie von Autos des neuesten Typs empfängt mit vollen Scheinwerfern, durch den Dunst der nahen Spree schneidend, die Besucher.

Geladen hat Audi, seit dieser Saison für drei Jahre Sponsor des Konzerthausorchesters. Zurückhaltend, so heißt es im Konzerthaus, würde die Firma zwölf Konzerte unterstützen. An diesem Abend aber tritt sie voll und ganz ins Rampenlicht. Denn als Gegenleistung spielt das Orchester bei der „Audi Sinfonie“ mit, die die dreiköpfige Künstlergruppe Bauhaus aus Werbeclips zur Markteinführung verschiedener Modelle zusammengestellt hat. Das Innere ist in Orange und Rot getaucht. Die stillgelegte Backsteinhalle bekommt durch Strahler, die ihr Licht alle zwei Meter die Wand hinunter werfen, noch zusätzlich den Charakter einer Kathedrale. Eingeladen sind keine VIPs, sondern Freunde des Konzerns, des Orchesters und der Künstlergruppe.

Dann postieren sich Fabian Grobe, Clemens Wittkowski und Arno Kraehahn wie Hohepriester an Laptops hinter dem Orchester. Lothar Zagrosek hat den Taktstock Max Renne überlassen. Ein langgestreckter elektrischer Ton erklingt, das Orchester tut erstmal nichts. Und sehr viel mehr bekommt es auch nicht mehr zu tun. Die Leinwand huldigt der Ästhetik eines Produkts. Bilder und ihre akustischen Signale fließen dahin, ein Amboss muss immer dabei sein, um Technik zu suggerieren, Stoßdämpfer bei der Arbeit, Scheibenwischer, Wälder, eine Straße, Beschleunigung, Männlichkeit. Das ist ganz gut gemacht, aber mit einer Sinfonie hat es nichts zu tun. Und wozu braucht es noch ein Orchester? 40 Musiker, und sie ertrinken im elektronischen Klangmeer, dürfen mal ein Bassgrummeln liefern, mal chromatisch den ansteigenden Tacho begleiten. Sonst sind sie schlichtweg nicht zu hören.

Sie bleiben Staffage, die in schwarzen Anzügen und traditionellen Instrumenten den nötigen optischen Kontrast liefern soll. Nach 30 Minuten ist alles vorbei, die Musiker verschwinden leise durch eine Nebentür. Die Besucher toben vor Begeisterung. Das Licht ist aber auch wirklich toll.

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