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Konzertkritik: Bloc Party: Band im Übergang

Vielleicht trügt ja die Erinnerung, aber war es bei Rockkonzerten nicht eigentlich meistens so, dass eine Zugabe durch ausdauerndes Klatschen, Kreischen und Trampeln erarbeitet werden will? Als Bloc Party in der ausverkauften Columbiahalle nach 60 intensiven Minuten erstmals die Bühne verlassen, senkt sich nach einer kurzen Jubelentladung gespenstische Stille über den Saal.

Erst eine gefühlte Ewigkeit später ergreifen ein paar beherzte Fans die Initiative und fachen ein rhythmisches Klatschen an, das aber ebenso rasch wieder erlischt. Irritierend.

Zumal man nicht den Eindruck hat, die ausbleibende Beifallsbekundung sei Ausdruck von Missbilligung: Während des Sets wurde vor der Bühne ordentlich getobt, und auch jetzt geht niemand. Der überwiegende Teil des Publikums steht erwartungsvoll, aber eben reichlich passiv da und harrt der Dinge, die da kommen. Bloc Party lassen sich nicht aus der Ruhe bringen, geben im halbstündigen Zugabenset nochmal Vollgas und baden am Ende doch im verdienten Applaus.

In Sachen Ausstrahlung zerfällt das Quartett aus London in zwei Hälften: Kele Okereke ist nicht nur ein begeisternder Sänger, er verrichtet auch einen prima Job als Anheizer, der mit schelmischen „Wunderbar“- und „I know you Germans like to party“-Schmeicheleien das Publikum schnell um den Finger wickelt.

Drummer Matt Tong ist sein kongenialer Sidekick, der nicht nur launische Minimonologe hält, sondern auch sein Outfit den steigenden Raumtemperaturen anpasst. Sieht er anfangs im braunen Kapuzenpulli noch aus wie ein abtrünniger Benediktinermönch, darf man kurze Zeit später seinen bloßen Oberkörper bewundern. Leadgitarrist Russell Lissack und Bassmann Gordon Moakes beackern präzise, aber ohne sichtbare Gefühlsregung ihre Instrumente, was durchaus zum scharfkantigen, vom komplexen Gitarrenriffs zerfurchten Eisschollen-Post-Punk von Bloc Party passt.

Vor allem die frühen Hits wie „Helicopter“ oder „Banquet“ werden stürmisch gefeiert, während die immer mehr in elektronische Fahrwässer aufbrechenden Stücke ihres jüngsten Albums nicht auf ungeteilte Zustimmung stoßen. Schade, denn Bloc Party beweisen mit Songs wie der grandiosen Eurodisco-Mutation „Flux“ oder dem zyklopisch bollernden, deutlich von The Prodigys „Firestarter“ inspirierten „Ares“ viel Mut und finden Wege aus der etwas starren Formelhaftigkeit ihrer Hitsingles.

So machen Bloc Party im derzeitigen Stadium den Eindruck einer Band im Übergang: Noch von alten Erfolgen zehrend, konnten sie nicht alle von ihrer logischen Weiterentwicklung überzeugen. Vielleicht spielen Bloc Party irgendwann wieder in kleineren Häusern. Was kein Drama sein muss: Dort wird wenigstens ordentlich gejubelt.

Jörg W, er

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