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Bob Geldof: Mit einer rasanten Band im Rücken und einem dichten Sound spielte er am Freitag im Huxley's.

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Konzertkritik: Bob Geldof im Huxley's

Auch wenn das artig bestuhlte Ambiente im Huxley's sowie ein Blick übers gesetzte Publikum vielleicht tatsächlich ein Referat zur Hungerhilfe hätten erwarten lassen, wird man unmittelbar eines besseren belehrt.

Wenn ihn in England Plakate ankündigten: "Tonight: Bob Geldof!", hatte Geldof witzelnd im Interview erzählt, würden die Leute sich fragen: "Und? Was macht er da? Einen Vortrag halten über den Hunger in Afrika?"

Als unermüdlicher Spendeneinsammler und Organisator von gigantischen Wohltätigkeitsveranstaltungen wie "Band Aid", "Live Aid" und "Live 8" ist Geldof höchst prominent geworden, doch seinen eigentlichen Beruf scheint kaum noch jemand zu kennen. Als er in den 70er-Jahren als großmäuliger Sänger der formidablen irischen Punk-Band The Boomtown Rats einige vehemente Hits in die Charts geballert hatte, hätte sich kein Mensch vorstellen können, dass dieser Bob Geldof einst zum nicht minder großmäuligen politischen Aktivisten mutieren und damit noch größere Berühmtheit erlangen sollte, sowie den Ritterschlag der englischen Königin.

Auch wenn das artig bestuhlte Ambiente im Huxley's sowie ein Blick übers gesetzte Publikum vielleicht tatsächlich ein Referat zur Hungerhilfe hätten erwarten lassen, wird man unmittelbar eines besseren belehrt. Wie er elektrisiert im silbergrau glänzigen Anzug, mit wild wehender grauer Mähne wie ein gezauster Oscar Wilde über die Bühne wirbelt, mit der Linkshänder-Akustik-Gitarre um die eigene Achse zwirbelt, mit Hochspannungsstimme ins Mikro schmirgelt, mit Phrasing und Timbre von Dylan und Lennon, bleibt kein Zweifel: Bob Geldof ist Rock 'n' Roller durch und durch. Und man nimmt es ihm auch sofort ab, wenn er sagt: dies sei doch immer noch seine Lieblingsbeschäftigung.

Mit einer rasanten Band im Rücken und einem dichten Sound, der rasch changiert und in verschiedenen Färbungen glänzt. Mit Akkordeon, Fiddle und Tin Whistle durchstürmen keltische Folk-Klänge aus Geldofs irischer Heimat "The Great Song Of Indifference". Schweres R&B-Hammond-Grollen, brillanter fünfstimmiger Harmoniegesang und ledzeppelinige Ah-Hah-Hah-Hahs in "A Sex Thing". Dunkler Dschungel-Beat mit dräuendem Peter-Gun-Riff und exquisit angeschrägtem Les-Paul-Solo vom Gitarristen John Turnbull zu "Systematic Six-Pack". Der Song stammt von Geldofs jüngstem Album mit dem ironischen Titel: "How To Compose Popular Songs That Will Sell", wie auch die betörende Soul-Ballade "Dazzled By You" mit starkem Drall zu den Rolling Stones.

"How I Roll" zitiert melodisch eine Zeile der Lovin' Spoonful aus dem Jahr 1966 und mutiert den entsprechenden Text "hot town summer in the city" zu "hard times living in this city".

Überhaupt spielt Geldof gerne mit den Melodien und Wörtern anderer. "But there are many here among us, who feel the sight is but a joke" singt er im dunklen Song "How I Roll" aus dem gequält düsteren Album "Sex Age & Death" (2001), und lässt "All Along The Watchtower" von Bob Dylan durchscheinen.

Die Fans singen Geldof, der am 5. Oktober 60 geworden ist, ein Geburtstagsständchen, und er ballert ihnen mit Joey's On The Street Again", "Mary Of The Fourth Form" und "The Rat Trap" noch ein paar schöne alte Hits seiner alten Boomtown Rats um die Ohren. Er kann es immer noch. Vielleicht sollte er wieder häufiger auftreten.

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