zum Hauptinhalt

Konzertkritik: Charming: Buffy Sainte-Marie im Astra

Ein außerordentliches Konzert einer außerordentlichen Frau: Nach 40 Jahren singt und tanzt Buffy Sainte-Marie zum ersten Mal wieder in Berlin.

"I'm a rambler and a rover and a wanderer it seems, I've travelled all over chasing after my dreams", singt Buffy Saint-Marie. Als wären 45 Jahre nichts. Der Song "The Piney Wood Hills" ist einer ihrer Folksongs der frühen Jahre. Er stammt von ihrem zweiten Album aus dem Jahr 1965, einer Zeit als die kanadische Indianerin neben Joan Baez zu den bedeutendsten weiblichen Singer/Songwritern der amerikanischen Protestbewegung zählte. "Nach den Beatniks und vor den Hippies", wie sie heute gerne sagt. Heute auf der Bühne vom Astra, nach 40 Jahren zum ersten Mal wieder in Berlin, singt und tanzt sie im kurzen dunklen Glitzerjäckchen über einem schwarzsamtigen Minikleid, über Leggings aus demselben Stoff, schüttelt die langen schwarzen Haare mit den blonden Strähnchen als wären 68 Lebensjahre nichts. Elegant, würdevoll, sexy.

"Cho Cho Fire" vom neuen Album "Running For The Dream" ist kräftiger Indianerrock, begleitet von drei ebenfalls indianischen Mitstreitern an elektrischer Gitarre, Bass und Schlagzeug. Dazwischen immer wieder hypnotisch trauriger "Indian Chant". Mit "Blue Sunday" und treibenden Rockabilly huldigt Buffy ihrer besonderen Liebe für frühen Rock 'n' Roll, für Elvis Presley und Scotty Moore. Den Traditional "Cripple Creek" singt sie solo, begleitet sich dabei lediglich mit dem Mouthbow, einer indianischen Urform der Maultrommel. Sie wechselt von der elektroakustischen Gitarre zum Keyboard, springt von neuen zu ganz alten Songs. Von ihrem Antikriegslied "Universal Soldier", mit dem Donovan 1965 Furore machte, zu "Soldier Blue", dem Titelsong des gleichnamigen Films (dtsch: "Das Wiegenlied vom Totschlag", 1970). Vom A-cappella-Gesang des "Relocation Blues", begleitet lediglich von rhythmischem Fingerklopfen aufs Mikrofon, zur hübschen Ballade "Up Where We Belong", dem Hit für Joe Cocker und Jennifer Warnes, für den Buffy 1983 einen Grammy bekam.

Ihr Gesang ist eindrucksvoll berührend, wenn ihr Timbre gelegentlich auch etwas gequetscht klingt oder die Stimme manchmal den Ton verzittert, man könnte es auch Tremolo nennen. Doch gerade dieses Unperfekte, auch in der instrumentalen Begleitung, macht den besonderen Charme dieses Auftritts aus. Wo Aufrichtigkeit, Leidenschaft und Hingabe alles sind. Wo der Ausdruck zählt und nicht die unterkühlte, technische Perfektion. Stehende Ovationen nach anderthalb Stunden für ein außerordentliches Konzert einer außerordentlichen Frau, die sichtlich gerührt ist vom rauschenden Echo. "Ladet uns doch bitte wieder ein, wir spielen gerne wieder hier!" Ja, und bitte nicht erst wieder in 40 Jahren.

Zur Startseite