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Konzertkritik: Mando Diao: Nicht nur Glamrock- und Disco-Travestie

Man wundert sich, was gerade Mando Diao zu einer so erfolgreichen Band macht. Eine, die bei jedem ihrer Auftritte Riesenhallen wie die Arena in Treptow füllt.

Denn musikalisch sind die fünf Schweden lupenreine, wenig originelle Sixties-Adepten, die bezeichnenderweise mit einem Gitarrenkracher namens „Down in the Past“ ihren Durchbruch feierten. Da ist es nur konsequent, dass sie in ihren schmissigen, stets um ohrwurmtaugliche Refrains zirkulierenden Songs mit unverblümter Naivität nahe liegenden Helden wie Kinks, Small Faces und sogar den allergrößten, den Beatles, Tribut zollen.

Doch abgesehen von einigen das Retrorock-Korsett sprengenden Momenten der Glamrock- und Disco-Travestie kommt bei Mando Diao noch mehr dazu: Die schnuckeligen Frontmänner Björn Dixgård und Gustav Norén teilen sich Gesang und Gitarrenarbeit und buhlen um die Gunst eines jungen, in der Mehrzahl weiblichen Publikums. Dixgård punktet mit präzisen Soli und einem schwarzroten Cape, das ihn wie einen bleichen Nachfahren Graf Draculas wirken lässt, während Norén die ausdrucksstärkere, weil mit einem Bruce-Springsteen-artigen Raspeln spielende Stimme besitzt. Dass die beiden auch in intimerem Rahmen harmonieren, beweisen sie mit vier Stücken, die sie auf einer Bühne inmitten des Publikums unplugged interpretieren.

Doch meist steht die um einen Perkussionisten und zwei dralle Backgroundsängerinnen ergänzte Band unter Hochdruck, angetrieben vom unermüdlich prügelnden Drummer Samuel Giers. Die energetische Entladung von Hits wie „Gloria“, „Long before Rock‘n‘Roll“ und dem resolut stampfenden „Dance with somebody“ löst bei vielen unkontrollierten Bewegungsdrang aus. Da prallt schon mal die Tollpatschigkeit rempelnder Tänzer auf den Beschützerinstinkt kräftiger Männer mit zierlichen Freundinnen, was eine kurze, heftige Prügelei auslöst. Doch die Streithähne sind schnell getrennt und die Feier geht weiter, bis sich Mando Diao nach rund 100 Minuten mit dem gut gelaunten Rausschmeißer „Go out tonight“ und massivem Beschuss aus der Konfettikanone verabschieden.

Jörg W, er

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