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Konzertkritik: Paul Bonin And The Chosen Few im Kaffee Burger

Drei Typen mit Akustikgitarren: Gibson, Guild, Martin. Hinten bearbeitet einer eine Art Kinderschlagzeug. Und dazwischen unterstreicht eine hübsche junge Cellistin den basslosen Gruppenklang mit langen, tiefen Melodielinien.

Es klingt brillant, was Paul Bonin And The Chosen Few bei ihrem kleinen Showcase im Kaffee Burger vorführen, anlässlich der Veröffentlichung ihres ersten Albums.

Dessen erster Song "Not The Only One" bekämpft auch im Konzert gleich zu Beginn schlechte Laune und Pessimismus und besticht mit makellosem dreistimmigen Harmoniegesang, der an angenehm die Beatles erinnert. Überhaupt hört man in Bonins berauschend melodischen Songs vor dieser massiven Wand aus energiegeladenen akustischen Gitarren, immer wieder eine besondere Vorliebe für den Mersey-Beat der Sechziger Jahre.

Wie sich die Zeiten ändern, besingt der 49-jährige Londoner in "Places", einer Rückschau auf das was früher einmal war und was daraus geworden ist. Unwillkürlich denkt man an Lennon/McCartneys grandiosen Song "In My Life" von 1965: "There are places I remember all my life, though some have changed, some forever not for better…".

Es ist dieselbe Melancholie, die auch Bonin bewegt. Niemals hätte er gedacht, dass auch ihn einmal das Älterwerden treffen könnte. Jetzt hält er Rückschau auf vergangene Zeiten. Verflossenes Leben, verflossene Liebschaften, die Magie von zwischenmenschlichen Beziehungen. Und ein Blick zurück in die Schulzeit, wo er ständig von den Älteren verkloppt wurde. Was ihn auf die clevere Idee brachte, sich den stärksten Mitschüler zum Freund zu machen: "Bobby Naylor", der - wie das einleitende Gitarrenriff nahe legt - ein Bruder von "David Watts" aus dem Song der Kinks sein könnte. Mit deren Songwriter Ray Davies wiederum teilt Bonin die Vorliebe für die Alltagsgeschichten der "common people". Etwa in "Nightboat Race", einem Song über die neue Mode des Komasaufens unter Jugendlichen und deren rastlose Jagd nach sexuellen Abenteuern.

Auch über sein eigenes Leben könnte Bonin noch unzählige Geschichten erzählen. Dass er in den frühen Achtzigern in der Londoner Punkband "The Shits" gespielt hat, dass er 1986 nach Berlin kam, dort eine Zeitlang mit den famosen Magoo Brothers Konzerttourneen durch öffentliche Waschsalons absolvierte, er in den folgenden Jahren in unzähligen weiteren Bands mitspielte. Auch als exzellenter Bassist in der seines Freundes und Landsmanns Ben Hamilton.

Mit seiner neuen Gruppe The Chosen Few hat Paul Bonin exzellente neue Mitstreiter gefunden für sein herausragendes Talent als Sänger und Songschreiber, mit außergewöhnlichem Sinn für Melodien und Straßenpoesie. Man sollte sie nicht verpassen. H.P. Daniels

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