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Konzertkritik: Portugal. The Man: Im Abenteuerland

Im ausverkauften Lido spielen sich Portugal. The Man mit überwältigender Intensität in einen Retro-Rausch zwischen Rock und Soul

Was für ein Einstieg: Zehn Minuten lang reiben im Opener „And I“ die Klangmassen wie tektonische Platten gegeneinander. Schrundige Hardrock-Akkorde prallen auf mehrstimmigen Soulgesang, der sich zu hymnischem Flowerpower-Gezirpe emporschwingt und von labyrinthischen Progrock-Passagen gebrochen wird.

Die vier Jungs von Portugal. The Man aus der neuen Indierock-Metropole Portland staunen nicht schlecht über die Resonanz ihres Auftritts. Das Lido ist ausverkauft, mehr als doppelt so viele Zuschauer wie beim letzten Mal. Es spricht sich eben rum, wenn eine Band mit derartiger Intensität zu Werke geht. John Gourley windet sich wie eine Kobra um das Mikro und feuert simultan atemberaubende Gitarrensoli ab. Keyboarder Ryan Neighbors, ein Sunnyboy mit Art-Garfunkel-Matte, sekundiert ihm bei schwindelerregenden Falsettgesängen. Und während Zachary Carothers mit seiner Starkstrom-Performance alle Klischees vom coolen Bassisten ad absurdum führt, erdet der stoische Drummer Jason Sechrist den durchgeknallten Haufen.

Genug Raum für Irrsinn bleibt sowieso: Wenn ein an „Hotel California“ erinnernder Gitarrenchorus im Gravitationsloch verschwindet oder David Bowies liebevoll nachgestelltes „Moonage Daydream“ in einen Geschwindigkeitsrausch taumelt, transzendiert der eklektische, auf die frühen Siebziger rekurrierende Soulrock zum unerhörten Stilabenteuer. Dabei schaffen es Portugal. The Man, die disparaten Elemente zu betörenden Ohrwürmern zu verdichten. Stücke wie „1989“ oder „My Mind“ hätten auch vor 35 Jahren für Furore gesorgt. Gut 80 Minuten lang brennt im Lido die Luft, ehe der Abend im Jubel ausklingt. Fantastische Band! Und gleichberechtigt neben The Dead Weather ein weiteres Retro-Rock-Konzert des Jahres.

Jörg W, er

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