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Konzertkritik: The Cranberries in der Columbia-Halle

Die Dramaturgie konzentriert sich ganz auf Dolores O'Riordan. Mit ihrer Stimme prägt sie den Sound der Cranberries, macht ihn unverwechselbar. Das Konzert in der Columbia-Halle ist sehr schön - und doch fehlt etwas.

Lange lila Lichtfinger strecken sich von der Bühne und streichen hektisch über hunderte dicht gedrängter Köpfe in der ausverkauften C-Halle. Knalliges Schlagzeug gibt den Beat vor, ein Gitarrenriff legt sich darüber und Dolores O'Riordan, Sängerin der Cranberries, tanzt aus der bonbonbunten Las-Vegas-Kulisse: "Hello Berlin!" Heute mit zuppelkurzen schwarzen Haaren, im schicken Bolerojäckchen, dessen Ärmel sich ins Violette weiten und mit keckem kurzen schwarzlila Röckchen. Betört mit ihrer markanten Stimme, in der sich keltische Folkmusik mit britischem Mainstream-Pop vermengen. Die Dramaturgie konzentriert sich ganz auf die attraktive Frontfrau. Mit ihrer Stimme prägt sie den Sound der Band, macht ihn unverwechselbar. Die Mitmusiker stehen in der zweiten Reihe wie Schattenrisse, kaum zu erkennen: die Brüder Noel und Mike Hogan an Gitarre und Bass, Fergal Lawler hinterm Schlagzeug. Und ein angeheuerter weiterer Gitarrist/Keyboarder. Eine solide Band mit kompaktem Sound. Die Cranberries aus dem irischen Limerick waren mit etlichen Hits und massenhaft verkauften Platten eine der populärsten Pop-Bands der 90er-Jahre. Kurz nach ihrem letzten Berlin-Konzert im Juni 2003 im Olympiastadion als Vorgruppe der Rolling Stones löste sich die Gruppe auf und O'Riordan machte solo weiter. Im letzten Jahr, als gerade ihr zweites Album erschien, sagte sie plötzlich ihre geplante Tournee ab und gab gleichzeitig die Reunion der Cranberries bekannt. Zur großen Freude ihrer alten Fans ist die Band jetzt wieder auf Tour - Südamerika, Europa, USA. Und nun, seit sieben Jahren, auch das erste Mal wieder in Berlin. Sie spielen ein paar Songs von O'Riordans Soloalbum, doch vorwiegend die alten Hits aus der zwanzigjährigen Bandgeschichte: "How", "Linger", "Dreaming My Dreams", "Just My Imagination", "Ode To My Family" und natürlich: "Zombie". Dolores twisted über die Bühne, gibt die elektrische Tanzpuppe mit eckigen Roboterbewegungen und animiert die Fans zu rührenden Singalongs. Das ist alles sehr schön, die Band spielt makellos, die Zuhörer bejubeln jeden Song frenetisch. Und doch fehlt etwas. Vielleicht ein paar Haken und Kanten, ein paar Kratzer auf der polierten Oberfläche. Etwas mehr Leidenschaft, Aufrichtigkeit und der Zorn von damals. Heute kommen die Cranberries ein bisschen zu artig daher.

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