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Van Dyke Parks

© Votos/Owsnitzki

Konzertkritik: Van Dyke Parks: Eigenartig schön

Er hatte Angst, in Deutschland vielleicht vor leeren Stühlen auftreten zu müssen. Doch in der Berliner Passionskirche wurde Van Dyke Parks begeistert empfangen.

Van Dyke Parks ist ein bescheidener Mann. Stets hat er sich lieber im Hintergrund des großen Pop-Rummels gehalten, obwohl seine musikalischen Verdienste unschätzbar sind: als Komponist, Texter, Arrangeur, Produzent, Studiomusiker und Interpret. Weil der Amerikaner seit Jahrzehnten mehr "Musiker für Musiker" ist, als großer Publikumsmagnet für eine am Pop-Mainstream orientierte Hörerschaft, hatte er richtig Angst, er könnte während seiner zwei exklusiven Deutschland-Konzerte vor leeren Stühlen auftreten.

Nach dem begeisterten Empfang in der gut gefüllten Passionskirche lässt der kleine pummelige Mann mit den weißen Haaren, Schnurrbart und runder Goldrandbrille umso vergnügter seine Hände über die Tasten des großen schwarzen Flügels fliegen. Lässig winkt er den rauschenden Beifall ab. Das sei doch nicht nötig, dafür sei er zu alt inzwischen, scherzt der 68-jährige, und singt den munteren Song "Opportunity For Two" von seinem exquisiten Album "Jump" aus dem Jahr 1984. Ein wenig klingt er dabei wie sein alter Freund Randy Newman, dessen Debüt-LP er 1968 produziert hat.

Parks, der sich vor allem einen Namen gemacht hat mit komplexen Streicher- und Bläserarrangements, und der normalerweise mit einem Orchester auftritt, lässt sich nur von zwei Musikern begleiten: "My favorite new Berliners!" Moe Jaksch am Kontrabass und der Gitarrist Hans Rohe wühlen sich exquisit durch die schwierigen Arrangements. "Come Along" singt Parks mit seiner leicht quäkenden Stimme und "Orange Crate Art" vom gleichnamigen Album, einer Kollaboration mit Brian Wilson, mit dem er schon zu Zeiten der Beach Boys eng zusammengearbeitet hatte. Und einen Walzer vom kürzlich gestorbenen John Hartford.

Ständig pendelt diese eigenartig schöne Musik zwischen Broadway, Folk, Jazz, Ragtime, Pop, Klassik und Kunstlied, während unter dem Piano die Beine pendeln, die Slipper ein hübsches Ballet vollführen, abwechselnd oder synchron tappend - Hacke, Spitze, seitwärts, ran - und in die Pedale treten. Wenn ihn die Begeisterung packt, springt der kleine Mann vom Hocker, spielt im Stehen weiter. Er rezitiert ein Gedicht von Robert Frost: "Provide Provide", erzählt kleine Geschichten mit trockenem Humor und singt Songs aus allen Phasen seiner langen Karriere: "Cowboy", "F.D.R. In Trinidad", "Wings Of A Dove".

Mit den Überraschungsgästen Klaus Voormann an seiner interessanten 8-saitigen Gitarre-Bass-Kombination und dem famosen Gitarristen Carl Carlton wird gegen Ende noch ein bisschen gerockt zu einem alten Song der Mississippi Sheiks und Lowell Georges "Sailin' Shoes", bevor Van Dyke Parks solo noch eine kleine Sonate von Domenico Scarlatti und ein Lied des englischen Komponisten Orlando Gibbons vom Anfang des 17. Jahrhunderts zugibt. Und weil das verzauberte Publikum nicht genug kriegen kann, bekommt es zum Schluss noch einmal die komplette Band und eine eigenwillig schöne Interpretation von Woody Guthries Folksong "Pastures Of Plenty". Toller Abend.

H.P. Daniels

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