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Konzertkritik: Willard Grant Conspiracy 0 Richmond Fontaine 1

Als hätten die Veranstalter geahnt, wie schwer dem Connaisseur wieder die Entscheidung fällt zwischen zwei am selben Tag auftretenden Bands, wurden die Konzerte kurzfristig zusammengelegt: Willard Grant Conspiracy, das tolle Musikerkollektiv um den eigenwilligen Robert Fisher aus Boston und Richmond Fontaine, die formidable Alt-Country-Band aus Portland.

Am Eingang des Privatclubs liegen Stapel der beiden exquisiten Romane von Willy Vlautin: "Motel Life" und "Northline" (Berlin Verlag). Vlautin ist Romancier und Sänger, Songschreiber, Gitarrist von Richmond Fontaine. Wie die Romane so sind auch seine Songs, so ist die Band. Lässig, beiläufig, unglamourös und unglaublich gut. Ein paar mittelalte Typen, die aussehen, als kämen sie gerade von der Arbeit - in Flanellhemden, staubigen Jeans und derben Schuhen - nehmen sich ein Bier, stöpseln Gitarren ein, einer setzt sich ans Keyboard, einer hinters Schlagzeug. Und dann haben sie wieder mordsmäßigen Spaß, sich und ihre Fans mit leidenschaftlichem Lärm und melancholischen Balladen zu berauschen. In Vlautins Stimme mischt sich schüchterne Zerbrechlichkeit mit trotzig entschlossenem, schotterigem Krächzen. Die meisten seiner bittersüßen Songs stammen vom neuen Album, dessen poetischer Titel eigentlich schon alles sagt über Vlautins sehnsuchtsvolle Geschichten zwischen anrührender Tristesse und ungebrochener Hoffnung: "We Used To Think The Freeway Sounded Like A River". Famos.

Der mit Freude erwartete Auftritt der Willard Grant Conspiracy mißrät tragisch. Der Sound von Akustikgitarren, Geige und Gesang ist ungenießbar abgemischt. Es dröhnt, quietscht, scheppert. Ratlos schauen sich die Musiker an, brechen ab, setzen neu an. Es wird nicht besser. Verzweifelt erwägt Robert Fisher, endgültig abzubrechen. Aber dann singt er weiter, wütend, lustlos und wie ein Blecheimer. Schade.

H.P. Daniels

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