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Zaz, den Namen der noch unbekannten Sängerin, sollte man sich merken. Demnächst wird man noch viel von ihr hören.

© Promo

Konzertkritik: Zaz in der Zitadelle

Mit ihrer Single "Je Veux" ist sie auf allen Kanälen zu hören, nun hat die Französin "Zaz" in der Zitadelle gesungen. Ein besonderes Erlebnis - und Lieder von Édith Piaf gab es auch.

Noch kein Jahr ist es her, als im Rahmen der "Berlin Music Week" in einem Vorprogramm für den Zuhörer eher zufällig eine junge französische Sängerin auftrat, die das überraschte Publikum dann regelrecht umpustete mit ihrer angeheiserten Stimme, einer klasse Band und einem mitreißenden Musikmischmasch aus Chanson-Jazz, Zigeuner-Swing, Bossa Nova, Bebop-Scat, Popmelodien und schraddelschrägen Sound-Schraffuren. Zaz, den Namen der unbekannten Sängerin, wollte man sich merken, vielleicht würde man ja noch einmal etwas von ihr hören.

Inzwischen hört man sie auf sämtlichen Kanälen mit ihrer Hit-Single "Je Veux". Mächtig Furore machte sie in den letzten Monaten schon mit ihrem ersten Album "ZAZ", und für ihre Konzerte wurden die kleinen Clubs schnell zu eng. Schon im Januar musste ihr Berliner Konzert vom Frannz ins vielfach geräumigere Huxley's verlegt werden.

Jetzt sprintet die kleine quirlige Isabelle Geffroy, wie Zaz mit bürgerlichem Namen heißt, im luftigen schwarzen Kleidchen über die Bühne auf der sommerabendlichen Zitadelle, lässt den Pferdeschwanz lustig flattern, trippelt und hüpft, wirft die Beine mit rosa Schuhen, und singt "Le Passants".

Ihre exquisite Band sitzt dahinter in weißen Hemden, schwarzen Anzügen, Hüten: Piano, Akustikgitarre, Kontrabass, Schlagzeug – wie in einem alten Pariser Jazzclub. Vierziger Jahre und Django Reinhardt geistern durch den Abend, Hot Club de France. Rasanter Zigeuner-Swing ist ein starkes Element in der Musik von Zaz und ihren Mitspielern. Doch zwischen den jazzigen Akkordfolgen rockt plötzlich ein elektrisches Gitarrensolo hervor oder Zaz scattet in atemberaubender Geschwindigkeit wie ein furioser Bebop-Saxofonist. Oder sie trötet in ihre Faust, dass es klingt wie ein Kazoo oder eine gestopfte Trompete. Sehr lässig wirkt die Variabilität ihrer schönen kratzig heiseren Altstimme. Unangestrengt und mühelos, aber traumhaft auf dem Ton, dem Takt, der Stimmung. Mit allen Farben und Nuancen. Von lichter Heiterkeit bis zu dunklerer Melancholie. Und sie bleibt dabei zeitlos auf der Höhe der Zeit und auf dem Boden des Unprätentiösen. Auch in ihrer berauschenden Interpretation von "Dans ma rue", dem elegischen Chanson von Édith Piaf aus dem Jahr 1946, über Armut, Hunger und Kreativität verdreckter Straßenkinder im Paris der 30er-Jahre.

Immer wieder wird Zaz mit Édith Piaf verglichen, wird die Ähnlichkeit beider Stimmen beschworen. Mag sich die 31-jährige Sängerin aus Tours davon auch geehrt fühlen, hält sie selbst derartige Vergleiche für unsinnig. Und tatsächlich ist es ein Glück, dass Zaz nie versucht so zu klingen wie die Piaf, dass sie sich nicht an deren dramatischer Theatralik orientiert, sondern dass sie mit betörender Leichtigkeit ihren ganz eigenen unaufdringlichen Ausdruck entwickelt.

Nur vom Piano begleitet, singt sie mit fein dosierter Dynamik die wunderbare Ballade "J'arrive pas" mit brillant gesetzten Pausen, während derer man im Auditorium die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören könnte. Bevor es wieder fröhlich rockt und swingt und alle wieder mitsingen, nachdem Zaz mit wehendem Echogesang über einem ostinaten Bass- und Orgelton mit tibetischen Klangschalen ihren großen Hit "Je veux" angerührt hat, der melodisch wiederum ein klein wenig an einen Hit der Turtles von 1967 erinnert: "Happy Together". Und alle sind glücklich zusammen als es am Ende eines tollen Sommerkonzertes nach 90 Minuten noch eine wilde Jazzpolka und einen Walzer zu tanzen gibt.

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