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© Davids

Konzertvorschau: Shantel: Unser Mann vom Planeten Paprika

Der „King of Balkan Pop“ kommt nach Berlin. Stefan Hantel alias Shantel tritt heute Abend im Admiralspalast auf.

So sieht also ein Außerirdischer aus: „Ich bin Shantel vom Planeten Paprika“, stellt sich der kleine, schlanke Mann mit den kurz geschorenen Haaren unter der Golfmütze vor. Um den Hals trägt er sogar drinnen einen Schal. Und wo ist dieser Planet? Er lacht, so heiße das Album, an dem er gerade arbeite. Na gut, kommen wir also ohne Umwege zum Thema: Shantel und seine Musik. Um darüber zu sprechen, sitzt er auf einem rotsamtenen Stuhl in einer Loge des Admiralspalastes. Mit Blick auf die Bühne. Dort spielt er am heutigen Donnerstag mit dem Bucovina Club Orkestar lauten fröhlichen Balkan-Pop. Der Auftritt ist das Ende der „Disko Partizani Tour“ durch 17 Länder: In Rio de Janeiro hat er gespielt, in Rom, Oslo und Bukarest.

Wenn man ihn auf das Etikett „The King of Balkan Pop“ anspricht, das er sich auf einer seiner CDs gegeben hat, lacht er verlegen. „Diese Musik hat es verdient, dass man ein bisschen laut wird, um sie bekannter zu machen“, sagt er. Musik vom Balkan transportiere so viele Widersprüche. Es gehe um „die Verbindung von Anarchie und Romantik“. Um byzantinische und türkische Muster. Diese Tradition mixe er mit modernen Klängen, Instrumenten, Melodien.

Seit zehn Jahren ist er mittlerweile im Musikgeschäft. S. Hantel – so habe er früher seine Schulaufsätze unterschrieben. Und daraus wurde schon als Teenager der Spitzname „Shantel“. Eigentlich heißt er nämlich Stefan Hantel und kommt aus dem wenig exotischen Frankfurt. Aber das steht in den Geschichten über ihn immer erst weiter hinten. Zuerst heißt es da meistens, dass seine Großeltern aus der Bukowina stammen, einem Landstrich, der an der Grenze zwischen Rumänien und der Ukraine liegt. Und dass er mithilfe der Musik nach seinen Wurzeln gesucht hat. Heute wird er nicht mehr gern darauf angesprochen. Er habe zwar mit den Klischees gespielt – Klischees über Balkan-Hochzeiten mit wildem Gefiedel, „bei denen drei Tage auf den Tischen getanzt wird“. Inzwischen habe er sich davon aber „emanzipiert“.

Der Name des neuen Albums, „Planet Paprika“, klinge zwar immer noch nach dem Spiel mit diesen Klischees. Die Pelzmütze über langen Haaren aber, lange sein Markenzeichen, ist verschwunden. „Evolution“ nennt er das und will mit seiner Musik ernst genommen werden. „Ich bin keine Witzfigur auf der Bühne“, sagt Shantel – und schwankt zwischen Bescheidenheit, leicht verletztem Ego und offenem Stolz auf seinen Erfolg: „In Bulgarien, Rumänien, Griechenland habe ich so etwas wie einen Kultstatus.“ In der Türkei, wo man ihn ohne Vorurteile „als deutschen Künstler akzeptiert“ habe, sei er sogar ganz oben in den Charts gelandet. Dabei singt er hauptsächlich auf Englisch mit ein paar rumänischen Brocken: „Ich kann keine Sprache richtig“. Naja, Deutsch schon. Aber auf Deutsch zu singen, das habe er noch nicht geschafft.

Bei den Instrumenten beschränkt er sich am liebsten auf die Gitarre. Auch auf dem Keyboard könne er ganz gut spielen, „obwohl ich kein Virtuose bin, aber die Ramones konnten auch nur drei Akkorde“. Da wäre also noch Raum für Entwicklung. Jetzt muss er aber erst mal nach Frankfurt zurück, zunächst mit der S-Bahn zum Hauptbahnhof. „Der King of Balkan Pop fährt in öffentlichen Verkehrsmitteln und hat sich Stullen mitgebracht. Das ist doch mal sympathisch, oder?“, fragt er zum Abschied. Seinen Koffer immerhin trägt er nicht selbst zum Bahnhof. Das tut jemand vom Admiralspalast. Wie es sich für einen König gehört. Daniela Martens

Admiralspalast, Friedrichstraße 101, 4.12., 21 Uhr, Karten für 20,70 Euro unter Tel.: 47 99 74 99. Mehr über Popmusik im Internet unter www.tagesspiegel.de/pop.

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