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Domino

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Musik-Legende: Das Hitwunder

Er gilt als eines der Urgesteine des Rhythm & Blues und ist mit über 70 Millionen verkauften Platten einer der erfolgreichsten Musiker der Welt. Am Dienstag feiert Fats Domino seinen 80. Geburtstag.

Sein Spitzname ist Programm: Antoine „Fats“ Domino ist nicht nur körperlich ein Schwergewicht, er gilt auch als einer der erfolgreichsten Interpreten des Rock ’n’ Roll. New Orleans, im September 1964. Hinter der Bühne des City Park Stadium wird ein kleiner, rundlicher Mann zu einem luxuriös ausgestatteten Wohnwagen geleitet, wo ihn die Stars der Stunde gespannt erwarten. Die Musiker, die Fats Domino mit seinem eigenen 1956er Hit „I’m In Love Again“ ein Ständchen bringen, sind die Beatles, die entscheidenden Anteil daran hatten, dass die Erfolgssträhne des „Fat Man“ Anfang der Sechziger ein Ende fand. Aber anders als andere Kollegen aus der klassischen Rock-’n’-Roll-Ära trug Fats Domino der nachrückenden Musikergeneration nichts nach. Es hätte auch nicht zu seinem umgänglichen Wesen gepasst.

Kein Zweifel: Ein Rebell war Fats Domino nie. Die üblichen Fotoposen fehlen bei ihm. Er bedrohte weder die etablierte Ordnung, noch war er Bote eines neuen Zeitalters wie Elvis Presley. Er war schlicht der verlässlichste Hitmacher von allen – und das über fast 20 Jahre, mit rund 70 Millionen verkauften Platten.

Bei seinen Auftritten geht immer noch großer Charme von ihm aus, seine Show versprüht stets die Atmosphäre eines ausgelassenen Familientreffens. Mit einer angedeuteten Drehung des massigen Körpers, einem schüchternen Lächeln oder dem koketten Hochrollen seiner Augen bringt der alte Herr mit der Vorliebe für hochkarätigen Fingerschmuck sein Vergnügen darüber zum Ausdruck, einfach nur da zu sein und das Publikum zu unterhalten. Freilich fehlt das Charisma. Fats Domino ist der bekannteste Interpret, nicht der Erfinder einer Musik mit hohem Wiedererkennungswert, die von einem anheimelndem Gesangsstil und einem schwerblütigen, von Boogie-Woogie geprägten Piano gekennzeichnet ist.

In seiner Glanzzeit, den Fünfzigern, ging Domino auf Nummer sicher; nahezu sämtliche Songs waren nach dem gleichen Muster gestrickt. Ein Konzept, das Drive besaß, jedoch kaum etwas von der Leidenschaft und Zügellosigkeit anderer Sänger/Pianisten wie Jerry Lee Lewis oder Little Richard vermittelte. Domino brach nicht wie andere mit Traditionen, er hielt an ihnen fest. Er gilt als typischer Vertreter einer in New Orleans gewachsenen Rhythm-&-Blues-Spielart, in deren Klang sich die verschiedenen musikalischen Einflüsse vermengten: Rhythmen aus der nahen Karibik, die Musik der kreolischen und schwarzen Marching Bands Ende des 19. Jahrhunderts, Big-Band-Jazz, Blues und Cajun-Musik aus den Sümpfen von Louisiana. Das Ganze ergab einen satten Sound, in dem Piano und Saxofon die herausragenden Instrumente waren.

Seine Entdeckung verdankt Domino dem Bandleader und früheren Duke-Ellington-Trompeter Dave Bartholomew, der beherrschenden Figur auf der vitalen New-Orleans-Szene. Als Talentscout verpflichtete er Domino für das kleine Label Imperial Records, nachdem er ihn als Pianisten in einer Bar gehört hatte. Dominos erste, 1949 aufgenommene Platte, sinnigerweise als „The Fat Man“ betitelt, erwies sich als Hit, ein Song, in dem nicht nur schon alle musikalischen Elemente, sondern auch die Musiker, der Arrangeur, der Studioingenieur und das Komponistenteam zusammenkamen, die künftig bei fast jedem Hit von Fats Domino mit von der Partie sein sollten.

Songs wie „Ain’t That A Shame“, „Blueberry Hill“ oder „Blue Monday“ sind in den Kanon populärer Musik eingegangen. Im kollektiven Gedächtnis einer Generation jedoch, die mit den Beatles groß geworden ist, erscheint Fats Domino als Fußnote der Popmusik. Mit dem Aufkommen verstärkter Instrumente wirkte die Kombination aus Klavier und Saxofon nur noch antiquiert. Dominos Stern begann in den Sechzigern rapide zu sinken. Böse Zungen behaupten, er hätte nur weitergemacht, weil er horrende Spielschulden von Kasinobesuchen in Las Vegas abstottern musste.

Dass sein Hit „Let The Four Winds Blow“ Realität werden würde – wer hätte das gedacht? Im August 2005 verwüstete Hurrikan „Katrina“ auch sein Haus in New Orleans. Er selbst wurde, nachdem er bereits als vermisst galt, nach einigen Tagen wohlbehalten aufgefunden. Befragt, ob er in den Neunten Bezirk zurückkehren werde, entgegnete Fats Domino: „Man weiß ja nie. Einem Mann in meinem Alter ist alles zuzutrauen.“ Heute feiert er seinen 80. Geburtstag.

Tom Fuchs

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