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TWBA

© Lars Borgesklein

Neues Album: Melancholic Disco: The Whitest Boy Alive und "Rules"

"The Whitest Boy Alive" schenkt uns ihr lang ersehntes zweites Album. Auf "Rules" spielt TWBA luftige House-Musik mit Instrumenten. Sänger Erlend Oye charmiert uns wie immer halb wispernd, halb flüsternd. Doch ein bisschen mehr Aufregung hätte nicht geschadet.

Im Sommer 2006 ist für ein paar Momente alles perfekt. Die Sonne scheint sechs Wochen am Stück und ein großes Fußballereignis erlaubt es uns, schon am Nachmittag mit einem Bier in der Hand durch die Stadt zu laufen. Auf wundersame Weise sind wir fest entschlossen, gute Laune zu haben. Dieses lässig euphorische Gefühl vertonen The Whitest Boy Alive mit ihrem Debütalbum "Dreams" perfekt. Zu ihren ersten Konzerten im WMF und dem Platoon kommen vor allem noch Freunde.

"Für mich war das alles eine Überraschung, was da passiert ist", sagt Bandgründer und Bassist Marcin Öz. "Wir haben natürlich gehofft, dass es den Leuten gefällt, haben uns Feedback von Freunden geholt. Wir wussten aber nicht was passiert, als wir unsere Musik dann aus der Hand gaben." Mittlerweile spielten TWBA mehr als 120 Gigs in Europa und Mexiko.

Musik wie "sanft einsetzender Schneefall"

Jetzt erscheint "Rules", das lang ersehnte, zweite Album der Band. Wer Fans fragt, wie The Whitest Boy Alive klingen, bekommt Metaphern wie: "So, wie es sich anfühlt, im Frühling das erste Mal barfuß durchs Gras zu laufen". Fällt der Name des norwegischen Sängers Erlend Oye, werden Popkritiker weich und vergleichen seine Stimme mit einem "sanft einsetzenden Schneefall, erfrischendem Sommerregen und wärmender Herbstsonne" (Frankfurter Allgemeine Sonntagzeitung). Was können wir in "Bad Bank"-Zeiten besser brauchen, als ein bisschen "milden Frühlingswind"?

Elf hübsche Lieder hat der in Bergen lebende Songwriter Erlend Oye für "Rules" geschrieben. Nicht wenigen dürfte der Mann mit den ausgefallenen Riesenbrillen bereits durch seine Band "Kings of Convenience", sein Soloalbum "Unrest" sowie vielen DJ-Live-Sets bekannt sein. Auf "Rules" beschäftigen sich TWBA nun mit Regeln, die uns die Gesellschaft vorgibt oder die wir uns selbst aufstellen. "Wer sich Regeln setzt, bekommt Identität", sagt Öz. "Indem wir Entscheidungen treffen, macht uns der Rahmen, den wir uns setzen, zu dem, was wir sind. Theoretisch haben wir ja unzählige Möglichkeiten."

Vereint in der House-Musik

So entstehen leicht melancholische, zart ironische Songtexte. "You only want to be with her because she's mine. You will lose me as a friend if you cross that line. She's the gravity my life circles around. She's the gravity my life circles around", heißt es in "Gravity". Oder "Can you keep a secret? Ok I will try. But sooner or later the vulcanus crater will erupt again. Erupt, erupt, erupt again", in "Keep A Secret".

"Rules" ist tanzbarer als der Album-Vorgänger "Dreams". Die vier Bandmitglieder finden im "House" zusammen, dem Genre, auf das sie sich alle einigen können. Die Vermischung von Indie-Gitarrenpop, House-Musik und Acid-Jazz zieht sich durch das ganze Album, besonders schön bei "Keep A Secret", "Courage", "Timebomb" und "High on Heels" zu hören.

"Jeder kommt aus seiner eigenen Ecke, bei House treffen wir uns alle wieder", sagt Öz. So klingt mit Instrumenten gemachte Tanzmusik und über allem schwebt die unaufgeregte Stimme von Sänger Erlend Oye. Für Fans ist das der perfekte "Melancholic Disco"-Sound, Kritiker finden Oyes Stimme auf Dauer zu eintönig.

Singen und Surfen in Mexiko

TWBA haben "Rules" in Mexiko aufgenommen. "Uns war bewusst, dass wir an einen Ort müssen, wo uns wenig ablenkt. Wo wir weit weg sind von unserem täglichen Leben", sagt Öz. In Berlin gibt es ständig eine Ausrede, um irgendetwas nicht zu tun. Eine Party, ein Konzert oder ein Geburtstag wird immer gefeiert. Nachts arbeitete die Band an Songs, tagsüber wurde gesurft und gegessen. So entspannt wie ihr Tagesablauf in Mexiko klingt dann auch das neue Album. Es ist Musik, die immer passt und niemals stört. Dieser Gleichklang ist nach mehrmaligem Hören aber ein wenig zu unaufgeregt. Die wahre Größe von TWBA steckt in ihren Live-Gigs.

"Wir haben uns Regeln gesetzt, die wir nie ausgesprochen haben, aber nach denen wir funktionieren", sagt Öz. Die Regel von TWBA heißt, dass alles live und in einem Stück aufgenommen wird. Kein Ton ist am Computer zusammengebastelt, es gibt keine Effekte, alles muss mit Instrumenten spielbar sein. Das schafft Spielraum, so wirken Konzert-Auftritte von TWBA charmant improvisiert. Viele Songs entstehen auf der Bühne, als Konsequenzen von Jams und Gigs und jeder Menge Euphorie.
>>Tickets für “The Whitest Boy Alive”!

Yoko Rückerl

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