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Neues Album: Yeah Yeah Yeahs: Der Angriff der Zukunft auf die übrige Zeit

Wie man mit Synthesizern den Rock’n’Roll rettet: „It’s Blitz!“, das elektrisierende neue Album von den Yeah Yeah Yeahs ist ziemlich grandios.

Wie lange kann eine Band eigentlich die Zukunft von Pop oder wenigstens des Rock’n’Rolls sein, ohne Schaden an ihrem Image zu nehmen? Ohne in Kategorien wie „ewiges Talent“ oder „uneingelöstes Versprechen“ eingeordnet zu werden? Vermutlich lange, wenn sie es so macht, wie die ursprünglich aus dem ewig hippen Stadtteil Williamsburg in Brooklyn, New York stammenden Yeah Yeah Yeahs auf ihrem neuen, ziemlich grandiosen Album „It´s Blitz!“.

Dieses wird auf der instrumentellen Seite dominiert von einem Synthesizer-Modell, das schon Bands wie die Cars, Joy Divison und Kraftwerk verwandt haben, wie das Info der Plattenfirma vermerkt. Und dieses Album beginnt mit einem Stück namens „Zero“, das vor allem den Eindruck vermittelt, als wolle diese Band auf schnellstem Weg Gott und die Welt einfach hinwegfegen. Mit einer Dancefloor-Hymne, die energiegeladen ist, die zum Mithüpfen einlädt und die nichts anderes feiert als das Jetzt, den einen guten Moment, den es selbst an düstersten Tagen gibt.

Die Zukunft des Rock’n’Roll besteht also wie so oft in der Vergangenheit und der puren Gegenwart. Ansonsten ist sie ein gutes Geschäftsmodell, zumindest wenn man wie die Yeah Yeah Yeahs die richtigen Zeitpunkte erwischt, die Pop-Hypes mitnimmt und sich später als Hype-resistent erweist. 2003 veröffentlichte die Band ihr Debütalbum „Fever To Tell“, zu einer Zeit also, als die vielen The–Bands, die vielen jungen, neuen Rock’n’Roller von den Strokes über Black Rebel Motorcycle Club bis zu Radio 4 das Feld bereits bestellt hatten. Da passte der unauffällige Garagenrock von den Yeah Yeah Yeahs ganz gut, wurde aber erst richtig interessant durch ihre Frontfrau, die wild-wüste, sich mal als Girlie mit Schmollmund, mal als Biest, mal als Diva gebende Karen Orzolek. Sie verkörpert dann gleich noch die Zukunft der modernen jungen Frauen, auch wenn diese Zukunft wie eine Mischung aus Patti Smith und Christina Martinez von Boss Hog und Jon Spencer Blues Explosion aussieht. Als die Yeah Yeah Yeahs vier Jahre später ein weiteres Album veröffentlichten, standen sie plötzlich allein auf weiter Flur. Viele ihrer Kollegen hatten die Zukunft schon hinter sich und die Yeah Yeah Yeahs spielten statt Garagenrock einen sehr ausgeklügelten, erwachsenen, trotzdem noch leicht düsteren Produzentenrock. Damit landeten sie weltweit auf den Titelseiten der Musikmagazine, was vor allem an Karen Orzolek lag – und sich nicht zuletzt der Tatsache verdankte, dass aus der Zukunft mal wieder eine Rock’n’Roll-Krise geworden war.

„It´s Blitz!“ ist demnach nicht das Album, auf das die Welt gewartet hat. Trotzdem machen die Yeah Yeah Yeahs wieder einmal alles richtig. Synthie-Rock statt Klassikrock heißt nun die Devise, und hat man die Wiederholungstaste für „Zero“ endlich ausgeschaltet, zeigen Orzolek und ihre zwei Männer Nick Zinner und Brian Chase an Schlagzeug, Gitarre und Synthies, was sie sonst noch so alles drauf haben: die hübsche kleine Ballade, das stampfende Bohrstück à la TV on the Radio, die swingende Mid-Tempo-Nummer in bester Human-Legue-Yazoo-Synthie-Pop-Tradition. „Off, off, off with your head/Dance, dance, dance till you’re dead“ singt Orzolek einmal, mehr inhaltliche Sendung gibt es nicht.

Das ist nicht viel, bedenkt man, dass die Yeah Yeah Yeahs mit ihrem Retro-Sound die Gegenwart zwar schön durchdringen, aber keine gezielten Angriffe auf sie unternehmen. Sie sind sich selbst genug, wollen wie brave Fußballer nur gut und konzentriert arbeiten. Das ist wiederum eine ganze Menge, weil sie Worten zumindest Taten folgen lassen: Zu den meisten Stücken von „It´s Blitz!“ kann man sofort tanzen. Und leben. Und wie relevant, wie historisch die Yeah Yeah Yeahs als Zukunft des Rock’n’ Rolls sind, lässt sich dann sowieso erst im Rückblick erkennen.

„It’s Blitz!“ von den Yeah Yeah Yeahs ist bei Geffen/Universal erschienen.

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