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Ein Selbstporträt Bob Dylans spiegelt sich in einem Aquarell in der Ausstellung "Bob Dylan - The Drawn Blank Series".

© dapd

Zum siebzigsten Geburtstag: Bob Dylan: zurechtgehört, zurechtgefühlt

Brüche. Bruchstücke. Einfälle, Geschichten, Episoden. H.P. Daniels würde sich schuldig fühlen, würde er den 70. Geburtstag dessen unerwähnt lassen, der ihn ein Leben lang begleitet hat, wie vielleicht keiner sonst: Bob Dylan.

"Es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von allen", sagte einst der große Karl Valentin. Über den großen Bob Dylan ist längst auch alles gesagt, und das vielleicht wirklich von allen.

Über sein Leben, sein Werk, seine Herkunft aus dem Mittleren Westen, die frühen Jahre als Troubadour im New Yorker Greenwich Village, seine Zeit als Folk- und Protestsänger, die Geschichte vom Newport-Folk-Festival, als er zum ersten Mal mit einer elektrischen Band spielte, die Bezichtigungen als "Verräter" an der reinen Folk-Musik, die "Judas"-Rufe beim Konzert im selben Jahr in der "Free Trade Hall" im englischen Manchester, sein Aufstieg zum vielleicht größten Songpoeten aller Zeiten, sein Motorradunfall im Juli 1966, sein darauf folgender Rückzug ins Private, seine Country-Phase, seine Frauen, seine Kinder, seine christliche Erweckungsphase, seine Alkohol-Phase, seine weniger kreative Phase in den Achtzigern, seine "Never Ending Tour", sein überwältigendes Alterswerk.

Alles gesagt, alles erzählt, unzählige Male interpretiert, gedreht und gewendet. Tausende Zeitungsartikel, hunderte Bücher über Bob Dylan, "den Meister", den "Sprecher einer Generation", "den Rätselhaften", "den Unergründlichen", "den sich allen Deutungen Entziehenden", "Poeta Laureatus", über den, der immer wieder vorgeschlagen wird für einen Literaturnobelpreis, "den notorischen Grantler". Millionen Zitate, Deutungen, Exegesen - die "Dylanology" ist eine Wissenschaft für sich, ein Kult, eine Geheimlehre unter Eingeweihten.

Alles gesagt, alles geschrieben, alles besprochen. Von allen. Da gibt es nichts mehr hinzuzufügen, nichts Neues. Da schweigt man besser, hört Dylans Musik von 1962 bis heute, seine Texte, hört noch einmal seine Radiosendungen "Theme Time Radio Hour" von 2006-2009), betrachtet Dylans Zeichnungen, Aquarelle und Gouachen. Schaut sich D.A. Pennebakers Film "Don't Look Back" von 1967 an und Martin Scorseses "No Direction Home" (2005) und erspart sich besser das Machwerk "I'm Not There" (2007) von Todd Haynes. Alles beschrieben, alles ausgedeutet. Was sollte man da noch hinzufügen?

Und doch fühlte man sich nicht schuldig, würde man den 70. Geburtstag dessen unerwähnt lassen, der einen ein Leben lang begleitet hat, wie vielleicht keiner sonst? Also noch einmal ein Stück über Bob Dylan. Noch einmal sucht man ein paar Schnipsel zusammen. Brüche. Bruchstücke. Einfälle, Geschichten, Episoden.

Am 26. August 1965 hörte ich zum ersten Mal Bob Dylan. Sah ihn zum ersten Mal. In der englischen Fernsehsendung: "Top Of The Pops". Zwischen Sonny & Cher mit "I Got You Babe", den Byrds mit "All I Really Want To Do", den Walker Brothers "Make It Easy On Yourself" und "See My Friends" von den Kinks tauchte plötzlich dieser einzelne Typ auf in einem zerknittert schwarzen Jackett, mit lockig aufgetürmten dunklen Pompadour-Haaren und einer großen schwarzen Sonnenbrille, mit einer Mundharmonika in einem Gestell um den Hals. Sehr cool, obwohl man "cool" damals noch nicht gesagt hat. Wie er in ein zerdonnertes Klavier hämmert und dazu singt, mit einer Stimme, wie man sie noch nie gehört hatte: näselig, eindringlich, nicht schön im herkömmlichen Sinne, und doch so schön, dass ich sofort gefangen war von dieser dürren charismatischen Gestalt und seinen merkwürdig in die Länge gezogenen Silben: "How does it feeeeel? How does it feeeel? To be own your ooooown, with no direction hoooome. Like a compleeeete unknown … just like a Rolling Stone!"

Uhhh, und auch noch wie ein Rolling Stone! Die Stones hatten gerade "Satisfaction" rausgebracht, rausgedonnert, und kurz davor "The Last Time". Und dann war plötzlich dieser Typ da, haute mich um mit: "Like A Rolling Stone"!

Alles kam zusammen. Das Gefühl, allein zu sein, heimatlos, wie ein Rolling Stone. Und das Gefühl, nicht mehr alleine zu sein. Ich hatte die Stones und jetzt auch diesen Bob Dylan mit "Like A Rolling Stone". Ich hatte mir den merkwürdigen Text, beziehungsweise die paar Bruchstücke, die ich davon verstand, speziell für mein eigenes Empfinden zurechtgehört, zurechtgefühlt.

Ich kaufte mir die Single "Like A Rolling Stone", in der Schallplattenabteilung bei Hertie. Wie fühlt sich das an? Wie fühlt es sich an? Wie ein Rolling Stone! Klirrende Gitarren-Triolen, klimperndes Piano, schnaubende Orgel, schmutziger R&B. Auf der Rückseite war "Gates Of Eden". Mehr Folk, akustische Gitarre und ein langgezogener schrill schiefer Mundharmonika-Ton am Ende jeder Strophe. "And there are no truths outside the gates of Eden... Quiiiiietsch!"

"Dailen" statt "Dillen"

Radiomoderatoren in Deutschland sprachen den Namen noch "Bob Dailen" aus, wenn sie "Like A Rolling Stone" ansagten. Wo sie doch gerade erst gelernt hatten, dass der Rolling-Stones-Bassist Bill Wyman "Waimen" ausgesprochen wird und nicht "Wimmen".

Dann die LP "Highway 61 Revisited". Das ganze Gefühl wurde hergestellt durch diese einzigartige Stimme und die merkwürdig zerdehnten Silben, und ein paar Fetzen Text, einzelne Wörter, wenn man den Rest vielleicht auch nicht verstand. Im Herzen kam es an als das, was es war: Bestätigung, Ermutigung. Und immer wieder die Wahrheit, nichts als die reine Wahrheit. Von ein paar Minuten eines Songs von Bob Dylan konnte man mehr lernen vom und fürs Leben als in einer ganzen Unterrichtsstunde auf dem Gymnasium mit den alten Nazi-Lehrern.

"There is something happening and you don't know what it is, do you Mr. Jones?" Irgendwas Seltsames passiert hier, aber ich kann's nicht erklären. Bob Dylan erklärt auch nichts, hat nie etwas erklärt. Doch hat er etwas zu sagen, was einen berührt. Er drückt etwas aus, was man vielleicht ähnlich empfindet, aber so nie sagen könnte. Manchmal sind es Worte, die rätselhaft bleiben, die man nicht verstehen, aber umso mehr empfinden, erfühlen kann. Erklären kann man es nicht.

"Desolation Row". Die Gegend, die Straße der Verzweiflung, wo sie Postkarten von einer Exekution verkaufen und die Reisepässe braun anmalen. Wo Einstein als Robin Hood verkleidet ist und ein merkwürdiger Zirkus in die Stadt kommt.

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Etwas später entdeckte ich die früheren Platten von Dylan. Ich hörte mich schrittweise zurück, jahresweise, albenweise: "Bringing It All Back Home" (1965) - mit der elektrischen Seite und der akustischen Seite Dylans. Der Folkie und der Rocker. "Subterranean Homesick Blues" und "Mr. Tambourine Man", "Maggie's Farm" und "It's All Over Now Baby Blue". Dylan brachte alles zurück, alles nach Hause, alles zusammen. Ich lernte den frühen Dylan kennen, lernte ihn schätzen, lernte seine Songs. Akustikgitarre, Mundharmonika, Stimme. In- und auswendig. Vor und zurück. "My Back Pages" (1964). "Ah but I was so much older then, I'm younger than that now…" "Motorpsycho Nitemare", das sprechgesungene irre Abenteuer vom nachtasylsuchenden Bob bei einem konservativ patriotischen Farmer und Rita, seiner reizenden verführerischen Tochter. "Just one condition. And you go to sleep right now. That you don't touch my daughter. And in the morning milk the cow". Eine Wahnsinnsgeschichte, wie die schöne Rita ihn dann nächtens zum gemeinsamen Duschen überredet, und er am nächsten Morgen vor dem erzürnten Vater die Flucht ergreifen muss, nicht ohne ihn noch schnell damit zu provozieren, dass er Fidel Castro und dessen Bart klasse fände.

Und drei weitere Platten ging es zurück in der Bob-Chronologie, Dylan-Diskografie: "The Times They Are A-Changing" (1964), "The Freewheelin' Bob Dylan" (1963) und "Bob Dylan" (1962). Die frühen Folk- und Protestsongs, die einzigartige Stimme, die viele als ungenießbar empfanden. Die Kraft, der Zorn, der Humor, die enorme Ausdruckstärke von Entschiedenheiten und Wirrnissen eines Anfang-Zwanzigjährigen. "Mixed Up Confusion" hieß seine erste Single im Jahr 1962: "I got mixed up confusion / Man, it's a-killin' me / Well there's too many people / And they're all too hard to please…"

Mythen um "House Of The Risin' Sun"

Im selben Jahr hatte Dylan auf seiner ersten LP "House Of The Risin' Sun" gesungen. Das kannten wir längst in der Version der englischen R&B-Band The Animals, die zwei Jahre später erschienen war. Fast jeder, der in den 60ern Gitarre spielen lernte, spielte die Akkord-Arpeggios der Animals-Version: a-Moll, C-Dur, D-Dur, F-Dur, a-Moll, C-Dur, E-Dur… Immerhin waren das fünf verschiedene Akkorde. Damit gehörte man dann schon zu den Fortgeschritteneren. Alle hatten geglaubt, der Song sei von den Animals, aber Bob Dylan hatte ihn schon zwei Jahre vorher aufgenommen, und der hatte ihn auch schon von seinem Freund Dave Van Ronk gelernt, der den traditionellen Folksong wiederum auch schon woanders her hatte.

Unzählige mehr oder weniger glaubwürdige Geschichten ranken sich um "House Of The Risin' Sun" und seine Interpreten. Van Ronk sei seinem Freund Dylan auf lange Zeit sehr böse gewesen, weil der den Song vor ihm auf Platte herausgebracht hatte, und "Risin' Sun" damals Van Ronks Paradestück war.

Eher fragwürdig scheint die These, dass Dylan wiederum den Animals böse gewesen sei, dass sie zwei Jahre nach seiner Aufnahme von "House Of The Risin' Sun" damit 1964 einen massiven Nummer-Eins-Hit in den USA hatten. Und Dylan daraufhin angeblich des Plagiats bezichtigt wurde.

In einer weiteren Legende wiederum wird erzählt, dass Bob, als er die Animals mit "House Of The Rising Sun" zum ersten Mal im Radio gehört habe, total begeistert gewesen sei und verzückt ausgerufen habe: "Elektrisch!" So müsse man es machen: mit elektrischen Gitarren. Die Animals und ihre Version von "House Of The Risin' Sun" hätten ihn dazu gebracht, in Zukunft mit einer elektrisch verstärkten Band aufzutreten - zum ersten Mal auf dem "Newport Folk Festival" am 25. Juli 1965. "House Of The Risin' Sun" hat er dort allerdings nicht gesungen. Bis 1986 hat er den Song nicht mehr öffentlich gespielt.

Die erste Single der Animals, die 1964 vor ihrem "House Of The Rising Sun" erschien, war übrigens "Baby Let Me Take You Home", ein weiterer traditioneller Folksong, den Dylan unter dem Originaltitel "Baby, Let Me Follow You Down" ebenfalls zwei Jahre vorher auf seinem Debüt-Album veröffentlicht hatte. So scheint es doch sehr wahrscheinlich, dass die Animals den Song von Dylan kannten, genauso wie "House Of The Rising Sun". Eric Burdon, der Sänger der Animals, hat das allerdings immer verneint. Manchmal heißt es, er habe den Song von einem Folksänger in seiner Heimatstadt Newcastle gehört. Gelegentlich werden auch Interpretationen von Nina Simone oder Josh White als Inspirationsquelle der Animals genannt.

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Ich mochte immer den akustischen Dylan UND den elektrischen Dylan gleichermaßen. Ständig bewegte ich mich in seinem Oeuvre zurück zu den Wurzeln, zum Folk, zum Blues, zu den Geschichten über Menschen in schwierigen Situationen über untragbare politische Zustände, Ungerechtigkeiten und Rassismus. Und gleichzeitig nach vorne in die Gegenwart und Zukunft, die merkwürdigen surrealistischen Bilder, Bewusssteinsströme, rätselhaftes Leben. Immer die Songs im Kopf, das Gefühl im Herzen, die LPs auf dem Plattenteller.

Es gibt eine sensationelle neue Platte von Dylan, schrieb im Sommer 1966 mein Freund Steve aus England - mit einer aufklappbaren Hülle, in deren zwei Hälften je eine komplette Langspielplatte stecke. "Blonde On Blonde" war das erste Doppelalbum der Rockgeschichte. Weil die Platte in Deutschland noch nicht zu haben war, schickte mir Steve ein Exemplar aus England. Vielleicht war ich der Erste in Deutschland, der Dylans Doppelalbum "Blonde On Blonde" besaß. Die erste deutsche Ausgabe erschien dann zunächst auf zwei einzelnen Langspielplatten.

"Blonde On Blonde" war eine Offenbarung. Später konnte ich mich nie entscheiden, wenn ich nach meinem Lieblingsalbum von Dylan gefragt wurde: "Highway 61 Revisited"? "Blood On The Tracks" von 1975? Oder "Blonde On Blonde"? "Blonde On Blonde" begann schon ungewöhnlich: mit einer blechernen Blaskapelle, einer schräg quietschenden Mundharmonika, einer schiefen Melodie und schrägem Gesang, durch den sich immer wieder die krächzige Textzeile leierte: "But I would not feel so all alone, everybody must get stoned!" Etliche amerikanische Rundfunksender spielten den Song "Rainy Day Women # 12 & 35" nicht … wegen "Verherrlichung von Drogen". Uns gymnasialen Kiffern gefiel das: "Everybody must get stoned!"

Der erste Song mit Überlänge

Das Doppelalbum endete mit einem Song, der die ganze Seite Vier ausfüllte. Mit einer Länge von elf Minuten und neunzehn Sekunden dürfte "Sad Eyed Lady Of The Lowlands" auf dem ersten Doppelalbum der Rockgeschichte auch der erste Song mit Überlänge gewesen sein, der Ray Charles' Hit "What'd I Say" aus dem Jahr 1959 mit seiner auf zwei Seiten einer 7"-Single aufgeteilten Gesamtlänge von sechs Minuten und dreißig Sekunden, weit überschritt. Der Text von "Sad Eyed Lady Of The Lowlands" gefiel mir besonders gut, in seiner Rätselhaftigkeit der von mir verstandenen Bruchstücke, im Klang der Worte: "My warehouse hides my raybune drums…" "Raybune drums" konnte ich in keinem Wörterbuch finden. Vermutlich irgendein komischer Slang-Ausdruck, nahm ich an. Viele Jahre später erfuhr ich, dass Dylan dort etwas ganz anders gesungen hatte: "My warehouse eyes, my arabian drums…" Doch das war nicht weniger rätselhaft.

Ich stückelte mir meinen Dylan zusammen. Aus Bildern, die aus ein paar vielleicht sogar noch falsch verstandenen englischen Wörtern aufstiegen, aus Gedanken, Gefühlen, Phantasien. Doch viele Jahre später, als ich die einzelnen Wörter richtig verstand, stellte ich erstaunt fest, dass mein Gefühl mich nicht getrogen hatte. Dass alles immer noch stimmte.

Für Bob Dylan, der sich mir mit seinen Songs in den 60er- und 70er-Jahren auf ewig eingebrannt hatte, waren die 80er ein schlechtes Jahrzehnt. Dass ich ihn auf traurige Weise als verloren empfand und er mich als Gefolgsmann in dieser Zeit tatsächlich fast verloren hätte, wäre er nicht 1989 mit dem brillanten Album "Oh Mercy" in mein Bewusstsein und mein Herz zurückgekehrt. Und schließlich auch mit der Erkenntnis, dass Bob Dylans Alben der 80er Jahre gar nicht so schlecht waren, wie damals empfunden. Und dass auch dort ein paar herausragende Songs zu finden waren. "Lenny Bruce" und "Every Grain Of Sand" von "Shot Of Love (1981). "Infidels" (1983) war insgesamt ein gutes Album und auch auf "Empire Burlesque" (1985) waren ein paar gelungene Songs.

Irgendwann wurde mir klar, wie schwer es sein muss, Bob Dylan zu sein. Ernannt zum "Sprecher einer Generation", mit der er selber gar nicht so viele Übereinstimmungen empfand. Als einer, von dem ständig besonders kluge Bekenntnisse zum Stand der Dinge, zum Zustand der Welt erwartet werden. Einer, der Antworten auf alle Fragen haben soll. Einer, der auf Schritt und Tritt von den Fans beobachtet und verfolgt wird. Bei dem sie in den Mülltonnen rumschnüffeln, um ihm auf die Spur zu kommen. Der zeitweise so stark von seinen Fans belagert wurde, dass er immer wieder fliehen und den Wohnort wechseln musste. Einer, der überall erkannt wird und bei dem alle in Ehrfurcht verstummen, wenn er irgendwo auftaucht. Und doch eigentlich nur als "normaler Mensch" wahrgenommen werden will. Einer, der Songs schreibt und singt, der Platten aufnimmt und Konzerte gibt, aber der keine geheimnisvolle Sagengestalt sein will, kein Mythos.

"Ein ganz normaler Typ!"

Die junge Singer/Songwriterin Holly Williams erzählte mir vor einigen Jahren, dass sie Bob Dylan ganz gut kenne. Dass sie ihn gelegentlich treffe oder mit ihm telefoniere. Er sei ein sehr freundlicher Mensch, mit dem man sich gut über alles mögliche unterhalten könne. "Ein ganz normaler Typ!" Holly Williams ist die Enkelin von Hank Williams, der Bob Dylan noch mehr beeinflusst hat als Woody Guthrie. "Wenn ich Hank singen höre, steht die Erde still. Das leiseste Flüstern ist wie ein Sakrileg" schreibt Dylan in seiner Autobiografie "Chronicles - Volume One". "Nach und nach merkte ich, dass in den Aufnahmen der Songs von Hank die archetypischen Regeln der Kunst zu finden waren, wie man einen poetischen Song schreibt. (…) Sogar in seinen Texten ist die Silbenaufteilung mathematisch perfekt. Man kann viel über die Grundlagen des Songschreibens lernen, wenn man seine Platten hört, und ich hörte sie oft und hatte sie verinnerlicht." Heute gibt Bob Dylan der Enkelin von Hank Williams hin und wieder ein paar gute Tipps zum Songschreiben.

Der amerikanische Musiker Sid Griffin, der das lesenswerte Buch "Million Dollar Bash" geschrieben hat über die Jahre, die Dylan in Woodstock gelebt hat, erzählte mir die schöne Geschichte von einem Freund, dessen Tochter in dieselbe Schule geht wie Dylans Enkelkind. Dylan sei ein sehr freundlicher älterer Herr, hätten die jungen Eltern der anderen Kinder erzählt, ein netter Großvater, der sein Enkelkind öfter mal von der Schule abholt. Aber eine Sache sei dann doch etwas sehr seltsam und rätselhaft an ihm: Bob Dylan trägt immer lange Hosen. Auch im kalifornischen Sommer. Und das sei doch sehr schräg.

Bob Dylan hat neun Enkelkinder und auf seinem Auto einen Aufkleber: "World's Greatest Grandpa." Heute, am 24. Mai 2011, ist Bob Dylan 70 Jahre alt geworden.

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