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Porträt: Stevie, Herbie und das Geheimnis von George

In England ist Jools Holland eine Institution. Jetzt tourt der Popmusiker und Showmaster durch Deutschland. Eine Begegnung

Jools Holland steht am Fenster seines Hotelzimmers. Es ist ein teures Zimmer mit Blick auf das Brandenburger Tor und den Pariser Platz. Es ist ein Sommertag.In der Mitte des Platzes steht ein als Darth Vader verkleideter Mann, den ab und zu jemand fotografiert, wofür er Geld verlangt. Die Touristen bezahlen. „Es ist verrückt. Würden jetzt Außerirdische hier landen, sie würden denken, dass das der König der Welt wäre. Dabei ist er vermutlich ein ziemlich armer Hund“, sagt Holland und lacht. Es ist ein hohes, aber angenehmes Lachen, das gut zu dem eher klein gewachsenen Mann passt.

In England ist Jools Holland eine Institution. Einer, der für den Pop eine zentrale Rolle spielt. Einmal als Musiker. Er war Gründungsmitglied der britischen Popband Squeeze, bei der er Keyboard spielte und an drei Alben mitwirkte. 1987 gründete er seine „Jools Holland Big Band“, aus der in den Neunzigern das Rhythm And Blues Orchestra wurde – jene Gruppierung, mit der Holland nun auch nach Berlin kommt. Vor allem aber ist Holland eines der wichtigsten Gesichter des britischen Musikfernsehens. Der 53-Jährige moderierte ab 1982 gemeinsam mit Paula Yates „The Tube“, eine herrlich bunte Fernsehshow, die gemeinsam mit „Top Of The Pops“ und MTV das Bild von Popmusik im britischen Fernsehen prägte. Später war er das Gesicht der Fernsehshow „Later … with Jools Holland“, die nach 19 erfolgreichen Jahren nun auch in Deutschland läuft, wenn auch nur beim Spartensender ZDF Kultur. Das passt, denn dieser Tage erscheint mit „Jools Holland & Friends“ auch ein neues Album des Briten.

Wie schon bei seinen bisherigen Veröffentlichungen sind jede Menge Gaststars an Bord. Für den deutschen Markt wurde die aktuelle Version modifiziert. So hört man neben den Stimmen von Bono, Sting, Paul Weller und George Harrison auch einige hiesige Künstler, wie die norddeutsche Sängerin Ina Müller, den Swing- Popper Roger Cicero und gleich zwei Mal Herbert Grönemeyer. Der singt Randy Newmans „Marie“, was vor allem deshalb eine Nachricht ist, weil er es schafft, die Grandezza, die das Original ausstrahlt, problemlos zu halten. Beste Vorraussetzungen also, den Mann, den in Deutschland bisher wohl vor allem Britpop-Fans kennen – bei Jools Holland spielten Bands wie Suede, Radiohead und Supergrass, Oasis nahmen für ihn ein ganzes Konzert auf – auch hierzulande zu einem Star zu machen. Grönemeyer legt sich sogar richtig ins Zeug: Er wird Holland bei seinem Berliner Konzert unterstützen. Marc Almond ist ebenfalls mit von der Partie.

Ein Star. Holland hört das nicht gerne. „Es ging mir nie darum, berühmt zu werden. Squeeze war ein riesengroßes Abenteuer. In einer Band spielen, Konzerte geben. Mit einem schrottreifen Van durch Europa fahren. In schäbigen Hotelzimmern übernachten. Für mich als Teenager war das das Größte. Es war ein bisschen, wie in der Army zu sein. Nur, dass es eben nicht um Krieg ging, sondern um Spaß.“ Der Rest sei eine natürliche Entwicklung gewesen, ferner eine Verkettung von Zufällen. Eine, in der Prominenz keine Rolle spielte, wohl aber Neugierde und vor allem Musik und das magische Gefühl, wenn plötzlich alles wegen einiger Töne einen Sinn ergebe. Dieses Gefühl habe er manchmal immer noch. „Neulich war James Blake in meiner Fernsehshow zu Gast, dieser Dubstep-Künstler. Ein junger Kerl, der sogar in meiner Nachbarschaft wohnt. Er braucht nur ganz wenige Töne, um ganz viel zu erreichen. Da erkannte ich, warum ich das alles mache.“

Und dann erzählt Holland Geschichten. 35 Jahre im Geschäft führen zu einem reichen Anekdotenschatz. Er spricht von Ray Charles, der ihm einmal sagte, das Wichtigste für einen Künstler sei nicht, von den anderen gemocht zu werden, sondern so zu klingen, dass man nach einigen Sekunden erkannt würde. Er erzählt, wie Stevie Wonder ihm bei einem Treffen das Gesicht abtastete. Vor allem aber spricht er von den Künstlern, die auf seinem neuen Album gastieren. Etwa Grönemeyer: „Eine wunderbare Zusammenarbeit. Völlig unkompliziert. Dass wir beide große Randy-Newman- Fans sind, machte es noch einmal einfacher.“ Oder Bono: „Wir haben mit Squeeze einmal U2 in irgendeinem Kaff in Nordengland supportet. Drei zahlende Gäste, dazu ein Hund. Zwei Gäste und der Hund gingen während des Konzerts. Ich denke, Bono und ich eint, dass wir recht zufrieden damit sind, dass es heute besser für uns läuft.“

Sich selbst klammert Jools Holland in seinen Erzählungen allerdings weitgehend aus. Er bleibt auch im Gespräch der, der die Bühne für andere aufbaut, ausleuchtet und sich anschließend zurückzieht. Und wenn er bei seinen Konzerten doch einmal ins Licht treten muss, wirkt er stets etwas verlegen.

Bleibt eine Frage: Weiß jemand wie Holland, der Popmusik aus allen Perspektiven untersucht hat, eigentlich, wie der perfekte Popsong zu klingen hat? Gibt es ihn überhaupt? Er lacht. „Natürlich gibt es ihn. Sie kennen bestimmt einige, die sie für perfekt halten, oder? Wissenschaftlich erklären lässt es sich nicht. Ich habe neulich mal wieder die Beatles angehört. Frühe Sachen. Wunderbare Stücke, ohne jede Frage! Wie wunderbar das war. Und wissen sie, was mir George Harrison einmal gesagt hat? Er konnte ziemlich lange überhaupt nur zwei Akkorde!“

Konzerte: 16.9. Köln, 17.9. Berlin (Huxleys Neue Welt), 21.9. Hamburg

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