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Kultur: Porzellan-Ausstellung: So zart wie hart

Die "Türkin" bringt ihren Blumengruß kniend dar, der "Afrikaner" stößt in das Waldhorn, Japanerinnen zupfen Saiteninstrumente, ein "Araber", weinlaubbekränzt, erinnert flötespielend an Pan, der "Gote" spielt mit seinem Windhund, die "Ägypterin" mit ihrem Reh: Sie alle gehören zu einem "Hochzeitszug" aus Porzellan, den Adolph Amberg 1904 entworfen hatte. Das Brautpaar selbst ist mythologisch überhöht: Die Braut reitet wie "Europa" auf einem Stier.

Die "Türkin" bringt ihren Blumengruß kniend dar, der "Afrikaner" stößt in das Waldhorn, Japanerinnen zupfen Saiteninstrumente, ein "Araber", weinlaubbekränzt, erinnert flötespielend an Pan, der "Gote" spielt mit seinem Windhund, die "Ägypterin" mit ihrem Reh: Sie alle gehören zu einem "Hochzeitszug" aus Porzellan, den Adolph Amberg 1904 entworfen hatte. Das Brautpaar selbst ist mythologisch überhöht: Die Braut reitet wie "Europa" auf einem Stier. Eigentlich war diese imperial glänzende Völkerschau als Verlobungsgeschenk von den Reichsstädten an den preußischen Kronprinzen gedacht. Doch als der "Hochzeitszug" Jahre später nicht wie ursprünglich geplant in Silber, sondern von der KPM in Porzellan ausgeführt wurde, war aus dem politischen Geschenk ein Sammlergegenstand geworden. Die Figuren konnten einzeln erworben werden.

Hemmungsloser Exotismus, höfische Geste und ein Hauch moderner Gestaltung in den schwingenden Bewegungen der Figuren und der ornamentalen Bemalung ihrer Kostüme lassen diesen "Hochzeitszug" an der Schwelle zwischen dem Historismus des alten Kaiserreichs und Hunger nach Neuem schwanken. In der Geschichte der Königlich Preußischen Porzellan Manufaktur markiert er einen letzten Höhepunkt, bevor mit Weltkrieg und Depression in der Weimarer Republik schwere Zeiten für Produktion und Verkauf anbrachen. 1918 wurde die Manufaktur umbenannt in "Staatliche Porzellanmanufaktur" - erst seit 1988 schreibt sie Preußen wieder groß in ihrem Namen.

Die Geschichte der KPM gehört seit ihrer Gründung 1763 zu den Erfolgsmeldungen preußischer Wirtschaftspolitik. Der Zeitraum, den das Bröhan-Museum zwischen Jugendstil und Neuer Sachlichkeit abdeckt, fällt allerdings in eine Epoche, als die Aura des Hoflieferanten und die Ansprüche des gebildeten Bürgertums nicht mehr zusammenpassten. Während Werkbundbewegung und Bauhaus nach neuen Wegen einer demokratischen Massenkultur suchten, findet sich in der KPM-Produktion jene semantische Überfülle von Historismen und Symbolismen, die den Reformern als Symptom des Kulturverfalls galt.

Das Plakatmotiv der Sonderausstellung zeigt aus einer Serie "satirischer Vogelfiguren" den Typ "Berühmtheit" nach einem Entwurf von Eduard Klablena von 1909. Mit Raubvogelschnabel, Orden auf der stolzgeschwellten Brust und verfinstertem Blick karikiert er das emblematische Geflügel von Wappen und Hoheitszeichen. Er amüsiert sich über vergangene Gesten der Macht und bleibt ihnen im Motiv dennoch verbunden. Größere Annäherung an die Ideale der Gegenwart zeigten die Figuren "Schlittschuhläuferin", "Schneeballwerferin" und der Tänzerin "Ruth Saint Denis", 1911 von Hermann Hubatsch und Rudolf Marcuse gestaltet. Sportlich, verführerisch und kühl variierten sie einen neuen Frauentyp mit schmalen eleganten Linien.

Von 1902 bis 1925 leitete Theo Schmuz-Baudiss die Manufaktur und verpflichtete Chemiker, die durch neue Rezepte für die Porzellanmasse und erweiterte Techniken der Glasuren das Spektrum ständig bereicherten. Selbst Vertreter des Werkbundes wie R. Breuer schwärmten von Schmuz-Baudiss: "Er schuf große Gefäße, deren Wandungen die harte, dem Porzellan immanente Architektonik spüren ließen ... Schmuz-Baudiss hatte richtig erkannt, dass die spezifische Schönheit des Porzellans sich in den gleißenden Konvexen, in den von Silberdunst erfüllten Konkaven enthülle. Er hatte das Relative aller Überglasurmalerei erfasst, hatte neue Effekte des aus der Tiefe in die Welt strahlenden Unterglasurkolorits gesucht und gefunden." Ochsenblutglasuren und Kristallglasuren lassen Vasen in klassischen Kolben- und Zwiebelformen zu geheimnisvoll schimmernden, sinnlichen Objekten werden.

1929 übernahm Günther Freiherr von Pechstein, Vorstandsmitglied des Deutschen Werkbundes, die Manufaktur. Gestalterinnen, die wie Trude Petri und Marguerite Friedländer von der Kunstgewerbeschule Burg Giebichenstein kamen, wurden zu Mitarbeitern. Es entstanden die dünnwandigen Service Burg Giebichenstein, Halle und Urbino, die Teller und Schalen in einem ununterbrochenen Bogen flach auseinander zogen. Zerbrechlichkeit und Härte, Schlichtheit und Spannung verbinden sich in diesen Formen. Ihr Minimalismus ist bis heute nicht zu unterbieten. Zum ersten Mal wirkt das Porzellan leicht, statt durch das Gewicht von Material und Dekorum zu beeindrucken. Diese Renner der neuen Sachlichkeit, die sich nicht mehr mit kulturellen Referenzen schmücken mussten, wurden zu Klassikern, die teils noch heute im Programm sind.

Bettina Müller

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