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Jubelnde Todessehnsucht. Amira Elmadfa als Clorinda.

©  Staatsoper/Thomas M. Jauk

Premiere in der Staatsoper-Werkstatt: Liebe deinen Feind

Experimentelles an der Berliner Staatsoper: Die Uraufführung von Lucia Ronchettis Kammeroper „Rivale“ in der Neuen Werkstatt.

Während der sieben Charlottenburger Exiljahre konnte die Berliner Staatsoper neben dem großen Saal auch die Schillertheater-Werkstatt bespielen. Nach der Rückkehr ins Stammhaus Unter den Linden wollte Intendant Jürgen Flimm auf so eine Bühne für Experimentelles nicht verzichten – und widmete kurzerhand einen Probensaal im Intendanzgebäude zur „Neuen Werkstatt“ um. Als Uraufführung ist dort jetzt die Kammeroper „Rivale“ der italienischen Komponistin Lucia Ronchetti in der Regie von Isabel Ostermann zu erleben. Sie basiert auf einem über 300 Jahre alten Libretto von Antoine Danchet zur Barockoper „Tancrède“ von André Campra. Schon das Original war eine Adaption des Renaissance- Epos „La Gerusalemme liberata“ von Torquato Tasso. Danchet beschränkte sich auf die Episode der sarazenischen Prinzessin Clorinda, die sich in ihren Feind verliebt, den Kreuzfahrer Tancrede.

Für „Rivale“ komprimiert Lucia Ronchetti das sich am epischen Tonfall Tassos orientierende Libretto Danchets zu einem Monolog für die Mezzosopranistin Amira Elmadfa. Im Zusammenspiel mit den Instrumentalisten wird Clorindas Konflikt mit sich selbst erfahrbar, denn Tancrede ist präsent, wortlos, im Spiel einer Solo-Viola. Sing- und Instrumentalstimme umgarnen sich wie Liebende, um sich im nächsten Moment wieder voneinander abzustoßen. Blechbläser und Schlagwerk symbolisieren zudem die verschiedenen Schauplätze der Handlung: vom Schlachtfeld in einen Zauberwald und zurück.

Die Stimmen scheinen von überall her zu kommen

Militärisch-metallische Fanfaren sowie musikalische Zitate vom mittelalterlichen Kirchenmusiker Perotin über jazzig-verträumte Klänge bis hin zu Led Zeppelin erwecken die unterschiedlichen Orte zum Leben. Und wenn dann die Musiker der Staatskapelle Berlin unter der Leitung von Max Renne noch in ihre Instrumente hineinsingen, scheint eine Vielzahl von Stimmen von überall her zu kommen.

Amira Elmadfa zeigt die Zerrissenheit der Clorinda auf bewegende Weise: Mal flüstert sie, um gleich darauf in triumphalen Gesang auszubrechen, dann wieder steigert sie sich von unartikulierten Lauten zu rhythmischem Sprechgesang. Mit ausdrucksstarker Mimik und Gestik durchlebt die Mezzosopranistin alle Stimmungen zwischen kindlicher Freude und Todessehnsucht.

Weitere Aufführungen am 14., 15. 17., 19, 20. und 22. Oktober.

Elias Pietsch

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