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Zellweger

© Mike Wolff

Promi-Posen: Choreografie auf dem Teppich

Das Verhalten eines Stars auf einer Premiere sagt viel über seinen Marktwert aus.

Die Türen der schwarzen Limousine öffnen sich, Renée Zellweger steigt aus, betritt den roten Teppich und als hätte sie plötzlich auf einen inneren Knopf gedrückt, legt sie los: sie kneift die Augen leicht zusammen, spitzt den Mund verführerisch, strahlt wieder wie das nette Mädchen von nebenan, winkt in die Kameras, es folgt der koketter Blick über die rechte Schulter, kleine Drehung, verwegener Blick über die linke Schulter, noch eine Drehung, ein letztes Lächeln, fertig, die Fotografen sind glücklich und Zellwegers Gesichtszüge entspannen sich zu einem natürlichen Lächeln.

Der rote Teppich auf der Berlinale ist nur einer von vielen Teppichen, den die US-Schauspielerin in diesem Jahr entlangschreiten wird – doch darf sie dabei nicht so aussehen, als wenn das alles Routine wäre, auch wenn jeder Blick und jede Pose schon hundert Mal gezeigt wurde. Jedes Mal wieder muss sich die Schauspielerin vor den Kameras inszenieren, den Fotografen verschiedene Gesichter und Bewegungen anbieten. Zellweger ist Profi in der Disziplin, die auf keiner Schauspielschule unterrichtet wird, obwohl sie zu den wichtigsten gehört, die Schauspieler beherrschen müssen: das Posieren auf dem roten Teppich.

Denn wie oft ein Darsteller fotografiert wird, ist ein Zeichen für seinen Marktwert. Je greller das Blitzlicht, desto angesagter der Promi. Jeder Schritt, jeder Blick ist ein Verkaufsargument für die Stars – und ein gutes Geschäft für die Fotografen, die hinter der Absperrung am Teppich stehen und wohl die einzigen fremden Menschen, die die Stars ungestraft anschreien dürfen – natürlich nicht aus Wut, sondern um die Aufmerksamkeit der Prominenten auf dem Teppich zu erhaschen.

Blöd nur, wenn keiner der Fotografen schreit und die Ordner auf dem roten Teppich zum Weitergehen drängen. Das würde einem Star wie Renée Zellweger nie passieren, aber die Vertreter der B- bis Z-Prominenz müssen damit rechnen. Ihr Trick: möglichst früh zu den Veranstaltungen kommen – denn je später der Abend, desto wichtiger die Gäste.

Das gehört zur Choreografie des roten Teppichs, die niemand vorgeschrieben hat, aber trotzdem jedes Mal gleich abläuft: Etwa eine Stunde bevor die ersten Gäste erwartet werden, erscheinen die Fotografen und Kamerateams und bauen ihre Ausrüstung auf. Dann schlägt die Stunde der Soap-Sternchen. „An denen fotografieren wir uns warm“, sagt SvenDarmer von der Agentur Davids. Er ist seit 16 Jahren Promi-Fotograf und bei der Berlinale fast täglich im Einsatz. Stars aus Hollywood hat er besonders gerne vor der Linse. „Die sind professioneller als die deutschen Stars. Für sie gehört das Posen ganz selbstverständlich mit zum Job“, sagt Darmer. Ein schwieriger Fall sei dagegen Til Schweiger, für den der Foto-Call wohl eher Pflichtübung sei, entsprechend „sauertöpfisch“ schaue er drein, während sich seine Freundin in Pose schmeiße. Auch Corinna Harfouch sei nicht einfach abzulichten. „Die posiert nur, wenn sie Lust hat“, sagt Darmer.

Das würde Schauspielerin Katja Flint nicht in den Sinn kommen. „Wenn ich keine Lust habe, mich fotografieren zu lassen, bleibe ich eben zu Hause“, sagt sie. Ein seltener Fall. „Denn für mich gehört der Auftritt auf dem roten Teppich mit zur PR-Arbeit“, sagte die Schauspielerin, die gerade in Bushidos Film „Zeiten ändern dich“ zu sehen ist. Üben würde sie die Auftritte aber nicht. „Da gilt learning by doing“, sagt Flint. Und mit der Zeit wisse man, welche Bewegungen gut aussehen. Besonders beliebt bei vielen Schauspielerinnen: Gekreuzte Beine. „Das macht lang und schlank und auch knappe Kleider sehen dabei nicht zu gewagt aus“, sagt Darmer.

Auch Renée Zellweger beherrscht diese Pose, konnte sie aber zumindest bei der Eröffnungsgala nicht vorführen. Die Robe war dafür zu lang.

 Sonja Pohlmann

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