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PSYCHOSCHOCKER„Cassandra“ und „Elektra“: Rührung und Entsetzen

Üblicherweise gilt der Einakter „Elektra“ von Richard Strauss durchaus als abendfüllend. Zwar ist die gesamte Oper kürzer als bei Wagner mancher Akt, dafür singen sich drei aufgeregte Frauen laut und ausdauernd an, und am Ende liegt der größte Teil des Personals tot auf der Bühne rum.

Üblicherweise gilt der Einakter „Elektra“ von Richard Strauss durchaus als abendfüllend. Zwar ist die gesamte Oper kürzer als bei Wagner mancher Akt, dafür singen sich drei aufgeregte Frauen laut und ausdauernd an, und am Ende liegt der größte Teil des Personals tot auf der Bühne rum. Zur blutrünstigen Familiengeschichte der Atriden hat Richard Strauss seine modernste Musik geschrieben und lässt das riesige Orchester mächtig lärmen. Hier kochen die Emotionen, in einer guten Aufführung halten sich Rührung und Entsetzen die Waage. Mehr kann der durchschnittliche Opernfan nicht verlangen, und doch bekommt er diesmal mehr.

Intendantin und Regisseurin Kirsten Harms koppelt den Psycho-Schocker nämlich mit Vittorio Gnecchis „Cassandra“, in der die Vorgeschichte erzählt wird. Mutter Klytämnestra hatte einst Vater Agamemnon gemeinsam mit ihrem Liebhaber Aegisth ermordet, um die Tochter Iphigenie zu rächen. Das wiederum kann Elektra weder vergeben noch vergessen, und hier erst setzt die Oper von Strauss ein. Harms möchte eine neue Erzählweise für den uralten Mythos finden, will weg vom Klischee der hysterischen Weiber des Wiener Fin de Siècle. Schließlich glaubte auch Klytämnestra gute Gründe zu haben, ihren Gatten aus dem Weg zu räumen. Wohin führt ungebremste Rachsucht, die „das ewig frische Blut des Mordes“ mit Blut abwaschen will? Im Orchestergraben sorgt der erfahrene Dirigent Leopold Hager für die Koordination der Klangmassen, auf der Bühne stehen die stimmgewaltige Jeanne-Michèle Charbonnet in der Titelrolle und Publikumsliebling Jane Henschel als ihre zerrüttete Mutter Klytämnestra. Uwe Friedrich

Deutsche Oper, Sa 3.11., 18 Uhr, Restk. 62-120 €

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