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Kultur: Punkers Resterampe

Forum: Jürgen Teipel macht aus einem Nicht-Roman einen Nicht-Film

„Verschwende Deine Jugend“, das war Anfang der Achtzigerjahre ein Lied der Düsseldorfer Electronic-Combo D.A.F., das eigentlich kein Lied war. 2001 erschien unter demselben Titel Jürgen Teipels „Doku-Roman“ über die deutsche Punk- Bewegung, der eigentlich kein Roman war. Zwei Jahre später kommt Benjamin Quabecks Film „Verschwende Deine Jugend“ ins Kino, der tatsächlich ein Film ist. Mit Teipels Buch hat er nichts zu tun. Inzwischen ist die Neuauflage des Buches mit einem Aufkleber versehen: „Jetzt im Kino“. Quabecks Film ist damit nicht gemeint, sondern „Verschwende Deine Jugend.doc“, Jürgen Teipels eigener Film, der eigentlich kein Film ist. Verwirrend.

Irritiert sitzt man denn auch vor einer Leinwand, auf der man bewegte Bilder erwartet, aber nur Fotos zu sehen bekommt: überwiegend dilettantische Amateuraufnahmen, zusammengeklaubt aus alten Kisten in Kellern und Dachböden. Man kommt sich vor wie beim Blättern in alten Fotoalben. Während man Porträts einstiger Punks, Konzertfotos und Bilder aus Szenetreffpunkten wie „Ratinger Hof“ (Düsseldorf), „SO 36“ (Berlin), „Krawall 2000“ (Hamburg) betrachtet, erzählen einem die Protagonisten Anekdoten und Geschichten. Jäki Eldorado, „Deutschlands erster Punk“, Peter Hein, Fehlfarben-Sänger, Annette und Inga Humpe, Blixa Bargeld und unzählige andere. Warum sie Punks geworden sind, was sie bewegt hat, und wie sich die Bewegung entwickelt hat.

Teipel betreibt eine Art Zweit- und Resteverwertung seiner unzähligen Interviews, die seinem Buch zugrunde lagen und dort exzellent ineinandergriffen. Also nun ein „Film“. Lässt man sich drauf ein, ist es durchaus vergnüglich, auf die alten Zeiten zurückzublicken. Als alle noch jünger waren.

Immerhin liegt das inzwischen über ein Vierteljahrhundert zurück. Und wenn auch die Tonqualität mäßig ist, hat es einen zusätzlichen Reiz, den Geschichten aus Teipels Buch nun auch Stimmen und Tonlagen zuordnen zu können. Zumal die Befragten eloquent genug sind, dass sich in der Gesamtheit ein aufschlussreiches Bild jener Jahre von 1976 bis ’82 und des Phänomens „Punk in Deutschland“ ergibt.

Heute, 18.15 Uhr (Cinemaxx 3); morgen, 20.30 Uhr (Colosseum); 18.2., 17.30 Uhr (Arsenal); 19.2., 14 Uhr (Delphi)

H.P. Daniels

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