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Kultur: Putins Beifall

Thema Putin, Wladimir. Und der Blick zurück im Zorn.

Von Caroline Fetscher

Thema Putin, Wladimir. Und der Blick zurück im Zorn. Auf uns als „Westen“. Warum haben wir jemals Herrn Putin zugejubelt? Warum schütteln demokratische Politiker ihm heute noch herzlich die Hand? Als Russlands Präsident im September 2001 vor dem Bundestag in Berlin stand, sprach er von Europa, von Goethe und Tolstoi. Er pries „Rhythmus, Stimmung und Schönheit“ der Pasternak-Übersetzung des „Faust“. Nach jedem Absatz der Rede verzeichnet das Protokoll: „Beifall“. Oder „Heiterkeit und Beifall“. Am Ende: „Anhaltender Beifall – die Abgeordneten erheben sich.“ Putin hatte gesagt: „Der Kalte Krieg ist vorbei.“ Und ohne heißen Krieg. Wirklich ein Wunder, ja. Die Geschichte hat sich rasant voranbewegt – vor allem durch den Mut von Gorbatschow, nicht durch die Brutalität des hier gefeierten Putin. Russlands Präsident schilderte damals im Bundestag auch seinen harten Kurs im Kaukasus. Sein Stichwort: der Terror. Der Westen wusste schon damals, dass Russlands Ränder in Flammen standen, da wo Moskau mit Militärgewalt an Provinzen festklammerte, die sich loslösen wollten. Entsprechend verteidigte Wladimir Putin den Kosovo-Kurs von Slobodan Milosevic. Und Grosny ist heute ein Trümmerfeld. Wo der Terror am Anfang nicht war, wurde er herbeigezüchtet. „Sieh dir sein Gesicht an, siehst du es denn nicht?“, sagt die polnische Dichterin, die in Berlin lebt. Sie zeigt auf den TV-Bildschirm, wo Putin zu sehen ist, der über die Katastrophe in Beslan redet. „Dreißigerjahre!,“ ruft die Freundin in Zorn und Entsetzen. Sehen wir gar nicht?

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