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Szene aus dem Forums-Film "Railway Sleepers".

© Phim Umari

"Railway Sleepers" im Forum: Im Rattertakt

Kreuz und quer durch Thailand: "Railway Sleepers" von Sompot Chidgasornpongse ist eine Hommage an die thailändische Eisenbahn. Die Doku läuft im Forum.

Seit Auguste und Louis Lumiéres "Arrivé d’un train á La Ciotat" ist das Kino von der Eisenbahn fasziniert, schließlich sind beide Erfindungen Kinder der Industrialisierung. Letzte schöne dokumentarische Beispiele dieser Affinität waren James Bennings minimalistische und distanzierte Güterzug-Meditation "RR" (2007) und 2014 “The Iron Ministry” (Regie: J. P. Sniadecki, übrigens dieses Jahr mit "El mar la mar" im Forum), der die Zuschauer mit allen Sinnen auf eine innerchinesische Bahnfahrt mitnimmt.

Hier knüpft "Railway Sleepers" von Sompot Chidgasornpongse an, der in ähnlich kongenialer Dichte das thailändische Eisenbahnnetz porträtiert, das mit 4487 Kilometern zwar sehr viel kleiner als das chinesische oder indische ist, mit seinen über 35.000 Mitarbeitern aber immer noch der größte Arbeitgeber des Landes.

Und einer der traditionsreichsten. So beginnt "Railway Sleepers" mit dem Rolltext einer Ansprache des damaligen Königs Rama V. von Thailand zur Eröffnung der ersten Eisenbahnstrecke 1893. Es folgt eine Einstellung, die, den Lumièrschen Blick quasi spiegelnd, die Kamera nicht vom Bahnsteig auf einen hereinfahrenden Zug sondern aus dem Schlussfenster eines herausfahrenden Waggons zurück in einen Bahnhof richtet. Der ist im Grün fast zugewachsen, statt Passagieren bevölkern schläfrige Hunde die Bahnsteige.

Szene aus dem Forums-Film "Railway Sleepers".
Szene aus dem Forums-Film "Railway Sleepers".

© Phim Umari

Ein schönes Bild, aus dem man nicht die falschen Schlüsse ziehen sollte. Denn die immer noch im nationalen Besitz befindliche thailändische Eisenbahn ist zwar in die Jahre gekommen und träge, aber quicklebendig. Das lässt sich ausgiebig bewundern in diesem von Regisseur, Kameramann und Cutter Sompot Chidgasornpongse mit klassischer Eleganz gebauten Film, der das Land kreuz und quer durch Geografie und Klassen bereist. Von überfüllten Holzbänken bis zum Luxus-Schlafwagen, vom Bettler über die omnipräsenten Verkäufern von Essen und allem anderen Denkbaren zu herumalbernden Schulkassen, verschleierten Frauen, Soldaten und Touristen.

Immer wieder geht der Blick auch aus dem Fenster hinaus in die Landschaft, bevor am Schluss ein rätselhaft aus der Zeit gefallener Zeitzeuge einen historischen Überbau gibt. So ist der von Apichatpong Weerasethakul (für den Chidgasornpongse merhfach als Regieassistent gearbeitet hat) produzierte Film neben einem Schmankerl für Pufferküsser auch eine vielschichtige Annäherung an ein bei uns vor allem touristisch präsentes Land. Vor allem aber lässt er für insgesamt 102 Kinominuten eintauchen in eine aussterbende Form des Reisens, die mit ihrem ratternden Takt die Zeit nicht zu beschleunigen sondern anzuhalten scheint.

15.2., 21.30 Uhr (Akademie der Künste), 16.2., 20 Uhr (Arsenal 1), 17.2., 16.30 Uhr (Cinestar 8), 18.2., 22 Uhr (Cinemaxx 4)

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