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Kultur: Rand und Wand

Man wünscht sich, es möchte Katzen und Hunde regnen. Mal Platzregen pur, Wasser in Breitwand, das wär’s.

Man wünscht sich, es möchte Katzen und Hunde regnen. Mal Platzregen pur, Wasser in Breitwand, das wär’s. So grenzt es an ein mittleres Wunder, wenn man unverhofft das Gewünschte vor die Augen bekommt. Nur staubtrocken. Ein Puppenstuhl-Schirm-Plüschtier-Ensemble trägt den ironischen Titel „Raining Cats and Dogs“ (23 500 Euro).Und da steht tatsächlich das Original (!) von Robert Filliou , als wäre nichts leichter als die ephemeren Spuren des Fluxus-Pioniers nach gut vier Jahrzehnten heute einfach mal wieder zusammenzukriegen.

Seinem Motto. „Gut gemacht, schlecht gemacht, gar nicht gemacht“ folgte Filliou über Jahre und machte es zum Equivalence-Prinzip und zum Kennzeichen seiner Kunst. Ja, er selbst ging bis zu seinem Tode 1987 auf seiner taoistischen Sinnsuche nicht davon ab. Er machte vor, was sich bis heute nur wenige erlauben. Mitten im Leben der Kunst zuzusteigen. Sich nicht der Szene, sondern kompromisslos der Schöpfung anzuvertrauen.Schon allein die Idee im Kopf war für ihn der Wert, die Ausführung an der Wand reine Nebensache. SchauWerte interessierten ihn kaum. SchauPlätze schon. Und vor allem Begegnungen, echte Menschen!!! Seine berühmten Kollaborateure von damals, allen voran Emmett Williams, haben Erinnerungsstücke davon aufgehoben. Objekte, Editionen, Bücher, Grafiken, Handzettel. Alles ist bis heute aufgeladen mit Fillious kreativer Kraft. Das teuerste Stück der jetzigen Auslese ist eine feine Eulenspiegelei. 1964 lieferte ihm für „Raser les Murs“ (Objekte auf Spanplatte) eine Redewendung den Anstoß, die er listig schmunzelnd wortwörtlich nahm und sich mit Daniel Spoerri und einem Rasierapparat die Ehre gab, „eine Wand zu rasieren“ (65 000 Euro). (Galerie Barbara Wien, Linienstraße 158, noch bis 16.9. mit Sommerpause vom 22. 8 bis 2. 9.)

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Wie Friederike Feldmann mit Wänden umgeht, lässt sich in ihrer aktuellen Ausstellung entdecken. Auf den ersten Blick sieht es aus, als hätte man hier schnell weiß gestrichen. Dabei hat die Malerin genau das Gegenteil gemacht, und ebenso präzise wie unperfekt wie penibel die Wände bis in die Ecken umrändelt (Preis auf Anfrage). Dafür zoomt sie sich in ihren drei Tafelbildern im Nachbarraum optisch so nahe heran, als ob sie die Porentiefe abstrakter Straffierungen scanne (zwischen 10 000 und 15 000 Euro). Sie neckt und narrt unsere Augen, dass es eine Lust ist. Jetzt, nachdem sich herumsprach, dass sie die Frau ist, die sich ganze Kapitel der Kunstgeschichte mit traumwandlerischer Sicherheit zu Füßen legen kann – oder als Teppich an die Wand malt –, macht sie ganz das Gegenteil und malt gar „nichts“ oder gekonnt „drumherum.“ Man weiss nicht, ob Friederike Feldmann die Lektionen Fillious gelesen hat. Aber so ein „bis an den Rand gehen“ ist ihm allemal nahe. (Galerie Barbara Weiss, Zimmerstraße 88-89, verlängert bis Mitte August)

Thea Herold

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