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Kultur: Rappers Freud und Leid

Rausch und Reime: Zwei HipHop-Porträts im PANORAMA

Erstaunlich, dass Schwyzerdütsch, zumal gerappt, genauso unverständlich wie Bengali klingt. Zwei schöne Filme über Rappers Freud und Leid im Panorama beweisen es. „Gandu“, der Name des Titelhelden des in Kalkutta spielenden indischen Films, bedeutet Arschloch oder Wichser. Diese Selbstbezichtigung kommt in Rapperkreisen einer Stilisierung gleich. Mit Luki, seinem Zürcher Kollegen und Held des Films „Off Beat“, hat er das Leiden an der Welt und an der Liebe gemeinsam. Schmerzen also, aus denen sich gut künstlerisches Kapital schlagen lässt.

In diesem Geschäft sind vor allem Männer, wie auch der Rap wieder beweist. Frauen kommen nur als Mütter vor. Die Filme zelebrieren eine Jungs-Kultur. Man fragt sich ein bisschen, warum die in sämtlichen Untersuchungen über Sprachentwicklung und -fähigkeiten besser abschneidenden Mädels den Rap nicht für sich entdecken. Schließlich geht es dabei hauptsächlich um einen kreativen Umgang mit Sprache.

Der Schwarz-Weiß-Film „Gandu“ arbeitet mit ungewöhnlichen Kameraperspektiven: Unter-, Auf- und Durchsichten, Verzerrungen und extreme Nahaufnahmen visualisieren die Ausflüge des 20-jährigen Gandu und seines Freundes, des Rikschafahrers, ins Nachtleben und in Drogenräusche. Surrealistisch überhöht verarbeitet Gandu die Erfahrungen tagsüber in Rap-Texten. In roter Schrift flimmern sie über die Leinwand, während er sie interpretiert. Alltagsgeräusche wie das Betätigen einer Wasserpumpe oder übers Pflaster holpernde Rikscharäder fungieren als Rhythmusgeber: Kalkutta im Rap-Fieber, keine Spur von Bollywood.

In Zürich geht es gemächlicher zu, auch wenn der etwas ältere Luki ähnlich besessen wie Gandu an seinen Texten arbeitet. Er nimmt Drogen und wohnt noch bei seiner ungeliebten Mutter. Fast denkt man, dass Vaterlosigkeit eine gute Voraussetzung für eine Rap-Karriere ist. Die winterlich verregnete, unwirtliche Stadt bildet den Hintergrund für das Liebesleid Lukis, der von seinem wesentlich älteren Freund und Produzenten verlassen wurde – zugunsten seines kleinen Bruders, wie er vermuten muss. Das battle, das sich die beiden Geschwister spontan bei einem Club-Auftritt liefern, ist der sensationelle Höhepunkt dieses im Unterschied zum aggressiven „Gandu“ eher depressiven Films. Daniela Sannwald

„Gandu“: Heute 20.15 Uhr (Cinestar 3); 17. 2., 22.30 Uhr (Cubix 7/8); „Off Beat“: Heute 22 Uhr (Cinemaxx 7); 17. 2., 20.15 Uhr (Cinestar 3); 18. 2., 23 Uhr (Cubix 7/8)

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