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Kultur: Rasender Stillstand

THEATER Licia ist müde. Nur noch schlafen möchte sie und ihre Ruhe haben vor den Nachstellungen ihres Liebhabers, vor den Forderungen ihrer Eltern.

THEATER

Licia ist müde. Nur noch schlafen möchte sie und ihre Ruhe haben vor den Nachstellungen ihres Liebhabers, vor den Forderungen ihrer Eltern. Statt am Leben teilzunehmen, zieht sich die 28-Jährige in ihr Kinderzimmer zurück, statt zu Arbeit zu gehen, trifft sie im Park lieber einen seltsamen alten Mann. Ob die Begegnungen im Park der Wirklichkeit entspringen oder nur ihren Träumen und Hoffnungen, bleibt ein Geheimnis. Wenn „Jetzt“, das einem Roman von Gabriel Josipovici abgelauschte und von Erick Aufderheyde auf die Probebühne der Schaubühne (Cuvrystraße 7, bis 5. Okt., Mi - Sa 20 Uhr) gebrachte Stück, überhaupt eine Handlung hat, dann sind es die mit vielen Wörtern umzingelten Ängste einer aus dem Leben gefallenen Frau. Aber eigentlich bilden die Träume und Alpträume von Licia nur den Rahmen für eine wahnwitzige Irrfahrt durch die Gründe und Abgründe der Kommunikation. „Jetzt“ wird vom Theater zum Westlichen Stadthirschen zu einer 90-minütigen Versuchsanordnung über das Reden und Drumherumreden, das Aneinandervorbeireden und das Reden über das Reden emporgehievt. In rhetorischen Endlosschleifen wird Redundanz zum Stilprinzip. So viele minimal variierte Sätze, so viel rasender Stillstand. Es ist zum Einschlafen. Vier Darsteller schlüpfen in neun Rollen und spielen auf kleinen, mit Klavier und Stuhl, Mülleimer und Wäscheständer skizzierten szenischen Inseln ihre fürchterlichen Familienbande durch. Einige Male darf Licia im Dämmerlicht ihre Einsamkeit aus sich heraus tanzen, mehrfach setzen akustisch verzerrte Stimmen dazu an, uns das Märchen vom Fischer und seiner Frau zu erzählen. Dass Josipovicis arg verspielter Roman sich für die Bühne eignet, kann die blutarme Inszenierung nicht beweisen. Frank Dietschreit

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