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Wache halten. August Gauls „Liegende Löwin“ (1903) steht künftig – wie in dieser Simulation – in der James-Simon-Galerie.

© SMB

Raubkunst: Erste Erfolge bei der Rekonstruktion der Sammlung Mosse

Eine großartige Sammlung, von den Nationalsozialisten geraubt: Trotz erster Erfolge bleibt die Rekonstruktion der Kunstsammlung Rudolf Mosse eine Mammutaufgabe.

So kann es gehen bei der Restitution von Kunstwerken, die von den Nationalsozialisten entzogen wurden. Erben und Museen arbeiten zusammen und eine unabhängige Forschungseinrichtung steuert ihre Erkenntnisse bei. „Das Projekt soll niemanden beschuldigen“, sagte Roger Strauch, der die Erben des Berliner Zeitungsverlegers Rudolf Mosse vertritt, bei der Zwischenbilanz der Mosse Art Research Initiative in der Alten Nationalgalerie. Die Staatlichen Museen haben bereits neun Objekte in ihren Sammlungen identifiziert, die einst Mosse gehörten. Drei erwarben sie nach der Restitution von den Erben. Bei zwei Ankäufen halfen die Kulturstiftung der Länder und das Bundeskulturministerium. Einen römischen Kindersarkophag kaufte die Stiftung Preußischer Kulturbesitz aus eigenen Mitteln für die Antikensammlung an. Die „Liegende Löwin“ von August Gaul soll künftig in der James-Simon Galerie wachen. Die „Susanna“ von Reinhold Begas schmückt die Rotunde der Alten Nationalgalerie.

Neben der Marmorskulptur informiert eine Medienstation über die Geschichte der „Susanna“. Mosse kaufte sie vor 1908, das Werk taucht bereits im ersten Katalog seiner Ausstellung im Mosse-Palais am Leipziger Platz auf. Unklar ist, wie die „Susanna“ nach Enteignung der Familie verkauft wurde. Sie war 1936 in der Akademie der Künste zu sehen. 1946 nahm eine sowjetische „Trophäenkommission“ das Werk mit nach Leningrad, 1978 wurde es ans Völkerkundemuseum in Leipzig zurückgegeben und gelangte nach der Wende an die Nationalgalerie.

Das Schicksal der „Susanna“ zeigt die Hindernisse bei der Suche nach dem Verbleib der Sammlung. Rudolf Mosse, 1843 geboren, begründete einen der einflussreichsten Zeitungsverlage der Weimarer Republik. Einen Teil seiner Sammlung zeigte er im Mosse-Palais. Davor wachte Gauls liegende Löwin. Zwei Kataloge führen die Künstlernamen an, zeigen aber keine Abbildungen, so dass die Rekonstruktion der Ausstellung Puzzlearbeit bleibt. Ein weiterer Teil befand sich auf dem Rittergut Schenkendorf, dem Sommersitz der Familie und ist kaum dokumentiert.

Schwierige Verhandlungen mit Privatbesitzern

Nach Mosses Tod 1920 übernahm der Schwiegersohn die Geschäfte. Die Tochter erbte das Vermögen. 1933 musste die Familie das Unternehmen „verpachten“, um emigrieren zu können. Ihre Kunst wurde 1934 vom Auktionshaus Lepke versteigert. Eine wichtige Quelle ist der Auktionskatalog. Um die Sammlung zu rekonstruieren, wurde die Mosse Art Research Initiative ins Leben gerufen. Die öffentlich-private Partnerschaft ist auf zwei Jahre angelegt. Zur Halbzeit sind die Erkenntnisse unter http://mari-portal.de abrufbar. Das FU-Forschungsprojekt hat die Spur zu 115 Werken aufgenommen. Studierende am Kunsthistorischen Institut machten bereits das Bild „Dichter Wald im Frühling“ von Emil Jakob Schindler im Wiener Belvedere ausfindig. Die Österreichische Kommission für Provenienzforschung empfahl es zur Restitution. Schwieriger gestalten sich die Verhandlungen mit Museen in Polen sowie Privatbesitzern, die sich nicht den Washingtoner Prinzipien verpflichtet fühlen.

Mari-portal.de veröffentlicht deren Namen, wenn sie bereits an anderer Stelle genannt wurden. Da ist auf der Website zum Beispiel auch der sogenannte „Nymphenbrunnen“ von Walter Schott zu sehen, der einst im Ehrenhof des Mosse-Palais stand. Heute befindet er sich im Park des Schlosshotels Burg Schlitz. Dessen Eigentümer verweigern eine Restitution.

Vor den Forschern liegt eine Mammutaufgabe. Die Liste der verschollenen Werke ist deutlich länger, als die der wieder aufgefundenen. Über tausend Objekte sind in der LostArt Datei registriert. Roger Strauch appellierte deshalb an die Auktionshäuser, ihre Transaktionen zu überprüfen. Es ist ein weiter Weg, bis auch nur eine Ahnung von dieser Sammlung entstehen kann, die der Journalist Max Osborn 1912 als „eine der großartigsten und reichhaltigsten deutschen Sammlungen“ pries.

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