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Kultur: Raumfluchten

entdeckt die dritte Dimension wieder neu Die New Yorker Armory Show hat es gezeigt: Der Malerei-Hype geht im Strudel der Inflationierung unter. Doch die Umorientierung ist bereits im Gang.

entdeckt die dritte Dimension wieder neu Die New Yorker Armory Show hat es gezeigt: Der Malerei-Hype geht im Strudel der Inflationierung unter. Doch die Umorientierung ist bereits im Gang. An diesem Wochenende eröffnen vier Galerien mit einer Breitseite von Dreidimensionalem – im Spitzenbereich die Galerie Haas & Fuchs , die unter dem Titel 3d mit 17 Künstlern den Übergang von der Fläche zum Raum vollzieht mit Werken von Arp, Schwitters, Fontana, Graupner, Knoebel, Uecker, Thomas Locher und Tom Sachs (Niebuhrstr. 5, bis 30. April). Man kann den Krümmungen, Stauchungen, Biegungen nachgehen und sehen, wie sie sich mit dem Raum verbinden und was es mit Raumbezug jenseits des Ortsspezifischen auf sich hat. Diesem Blick kann zwar der Formalismusvorwurf gemacht werden. Doch formale Disziplin hat für sich, dass man wie bei Romanen nach den werkinternen Spannungen und ihren außerbildlichen Referenzen fragen kann (zwischen 9800 und 198000 Euro).

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Die Vielzahl der Werke jüngerer Künstler zielt wie Unterhaltungsliteratur auf gesellschaftliche Anerkennung. Das Einsamkeitsuniversum von Schwitters oder die Hardcore-Grammatik des Nichtidentischen von Thomas Locher erscheinen ihnen eher als Eigenbrödelei. Unlängst hat die Produzentengalerie Liga wegen großen Erfolgs geschlossen und die meisten Künstler an etablierte Galerien vermittelt. Jetzt dient das Termingeschäft als Vorbild für die neuen Selbsthilfegalerien: Zwei Jahre Laufzeit, um sich erfolgreich aufzulösen. So machen es die Galerien Amerika, die Galerie Diskus und auch der ehemalige Liga-Leiter Christian Ehrentraut . Sie alle eröffnen heute.

Ehrentraut interessiert sich für Zwischenformen und beginnt an neuem Ort mit Stephan Roikg (Brunnenstr. 7, bis 23. April). Man steht in einer Streuung von schwarzen Kringeln an den weißen Wänden, die von Klängen unter fragil geformten Kunststoffbahnen am Boden zwischen Sound- und Landscape in heikler Balance gehalten werden. Wer sich in diesem Environment bewegt, vernimmt den fernen Klang des Neuen. Alles ungewiss, aber hell (Preise zwischen 280 Euro und 4500 Euro).

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Bei den Schülern von Eberhard Bosslet und Martin Honert der Dresdner Produzentengalerie Diskus ist die Ordnung der Skulpturen durch die Ordnung der Welt gesichert (Brunnenstr.196, bis 31. März). Stephanie Bühler setzt ein Paar in ein Sofa neben eine Weltkugel. Christian Korth platziert zwei junge Männer umgeben von Bierflaschen in eine Couch. Stella Hamberg stellt eine barfüßige Figur auf den Boden und gibt ihr ein geköpftes Huhn in die Hand. Bei Britta Jonas küssen sich Scherenschnittfiguren auf einer Bank. Es sind allesamt Landidyllen mit idealem Sehpunkt. Sie kommen wie die Skulpturen von MartinHonert als Fotoblick zu sich selbst.

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Die Galerie Amerika wird mit zwanzig Künstlern aus Leipzig arbeiten und hat für die Eröffnung einen erstaunlich durchkontrollierten Raum zwischen Fotografie und Skulptur erstellt (Brunnenstr. 7, bis 9. April). Viktoria Binschtok brannte in rote Teppiche Feuerwerksmuster und hängt sie wie ein Bild auf oder spannte sie wie Raumteiler diagonal von Wand zu Boden. Sven Johne zeigt eine humorvolle Recherche von Kuriositäten der Ostseeinsel Vinta. Fritz Lang hat hier den Countdown für Raketenstarts erfunden, Werner von Braun 1937 die erste Rakete gezündet, ein DDR-Flüchtling landete hier und dachte, er sei in Bornholm (Preis zwischen 300 und 4500 Euro).

Peter Herbstreuth

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