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Pulp-Autor und Humanist. Ray Bradbury im Jahr 1999. Foto: Katy Winn, dapd

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Ray Bradbury: Die Gedanken sind frei

Zum Tode des Schriftstellers Ray Bradbury. Der Autor von „Fahrenheit 451“ ist mit 91 Jahren in L. A. gestorben.

Der Science-Fiction-Schriftsteller Ray Bradbury, der am Dienstag im Alter von 91 Jahren in Los Angeles gestorben ist, sah sich selbst überhaupt nicht als Science-Fiction-Schriftsteller. Er habe nur ein einziges Science-Fiction-Buch geschrieben, behauptete er: „Fahrenheit 451“. Es ist längst ein Klassiker, das Buch von Bradbury, das bleiben wird.

Der Titel des 1953 erschienenen Romans bezeichnet die Temperatur, bei der Papier sich angeblich selbst entzündet. In dem von Bradbury beschriebenen Überwachungsstaat gilt Lesen als staatsgefährdend, das Verstecken von Büchern ist ein Kapitalverbrechen. Wenn Schriften gefunden werden, rückt die Feuerwehr aus. Ihre Schläuche sind Flammenwerfer, mit denen sie alles Gedruckte vernichtet – eine Anspielung auf die Bücherverbrennungen der Nationalsozialisten, bei denen Feuerwehrleute zu Brandstiftern geworden waren.

„Fahrenheit 451“ ist eine Dystopie, eine Zukunftsvision der düstersten Art, die auch als beißende Mediensatire funktioniert. Der Zustand der Welt, die der Roman beschreibt, ist schrecklich, aber nicht hoffnungslos. Denn es gibt Dissidenten, die sich in die Wälder geflüchtet haben. Dort tragen sie einander Texte vor, die sie auswendig gelernt haben. Bücher können verbrennen, aber die Gedanken bleiben frei. Verfilmt wurde der Weltbestseller kongenial 1966 von Francois Truffaut. Alle Buchstaben sind konsequent aus dem Film verbannt, selbst der Vorspann ist aus dem Off zu hören.

Geboren wurde Bradbury 1920 in Waukegan, einer Stadt im US-Bundesstaat Illinois, als Sohn eines Amerikaners und einer Schwedin. „Als Junge fühlte ich mich nahe verwandt mit meiner Ahne Mary Bradbury, die im 17. Jahrhundert in Salem als Hexe verurteilt wurde“, sollte er später spöttisch konstatieren. Schon als Schüler begann Bradbury zu schreiben, in Kalifornien, wohin die Familie 1934 zog, schloss er sich der „Los Angeles Science Fiction League“ an. Seine Science-Fiction-, Fantasy- und Horror-Geschichten, in denen er Kindheitsängste und die Bedrohungsszenarien des Kalten Kriegs verarbeitete, erschienen ab 1941 in Pulp-Heften wie „Super Science Stories“ und später in Magazinen wie „Esquire“ oder der „Saturday Evening Post“.

Bradbury war ein Humanist, der weniger an technischen Utopien einer fernen Zukunft interessiert war als daran, die menschliche Gegenwart in Form von Science-Fiction-Fabeln verständlich zu machen. Am eindrucksvollsten gelang ihm das mit seinen „Mars-Chroniken“, mit denen er 1950 den Durchbruch schaffte. Das Buch wurde in über 30 Sprachen übersetzt. Es handelt nicht von Marswesen, sondern von Menschen, für die der Mars im Jahr 1999 zum Sehnsuchtsziel wird. Sie beginnen, ihn zu kolonisieren, obwohl er bereits bewohnt ist. So wiederholt sich die traurige Geschichte des Genozids an den nordamerikanischen Ureinwohnern im roten Staub des fremden Planeten.

Was Ray Bradbury unwiderstehlich macht, ist seine Fähigkeit, gesellschafskritische Schärfe in großartige Erzählungen zu kleiden. Den Glauben an das Gute im Menschen ließ er sich nicht nehmen. Damit folgte er Autoren wie Isaac Asimov und Robert A. Heinlein aus der Goldenen Science-Fiction-Ära der dreißiger und vierziger Jahre, die am Zukunftsoptimismus festgehalten hatten. Im Gegensatz zu ihnen sind Bradburys Geschichten bis heute amerikanische Schullektüre. Sein Credo: „Es gibt schlimmere Verbrechen, als Bücher zu verbrennen. Eines davon ist sie nicht zu lesen.“

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