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Kultur: Rechte Gewalt: Virtueller Pranger

Für eine Gemeinde am Rande der Sächsischen Schweiz ist es eine Selbstverständlichkeit, sich im Internet von der touristisch attraktivsten Seite zu zeigen. Doch in Sebnitz ist die Web-Visitenkarte der "Stadt des Kunstblumenhandwerks" zum virtuellen Pranger für den gesamten Ort, seine Bewohner, den Stadtrat und den verstörten Pfarrer geworden.

Für eine Gemeinde am Rande der Sächsischen Schweiz ist es eine Selbstverständlichkeit, sich im Internet von der touristisch attraktivsten Seite zu zeigen. Doch in Sebnitz ist die Web-Visitenkarte der "Stadt des Kunstblumenhandwerks" zum virtuellen Pranger für den gesamten Ort, seine Bewohner, den Stadtrat und den verstörten Pfarrer geworden. Vor allem aus dem Westen der Bundesrepublik strömen unverhohlener Hass und eine bis dahin kaum öffentlich geäußerte Verachtung für die Täter und die Schwimmbad-Besucher des Junitages 1997 in das Online-Gästebuch. "Sebnitz - Stadt der Schande" gehört bei den im Minutentakt eingehenden und zumeist anonymen Meinungsbeiträgen noch zu den harmlosen Formulierungen. Wiederaufbau der Mauer, Abschaffung des Solidaritätsbeitrag sowie die Todesstrafe für die Täter - das sind die Forderungen, die neben den Beileidsbekundungen für die Familie des kleinen Joseph zu lesen sind. Die Gemeinde selbst reagiert hilflos. Zwischenzeitlich wurde das Gästebuch vom Netz genommen. Als Reaktion auf das Löschen einzelner Beiträge entstand im Netz inzwischen das Forum "Krisenloesung" des Kölner Schauspielers Herbert Meurer, in dem die Ereignisse in Sebnitz unzensiert diskutiert werden. Die Glaubwürdigkeit der Sebnitzer Homepage wird indes wohl auch nicht mehr durch die hastig programmierte Mitteilungsseite des Stadtrats wieder herzustellen sein - die Behauptung, dass die "die absolute Mehrheit aller demokratischen Kräfte (in Sebnitz) jegliche Gewalt ablehnt", hat die Gemüter im Gästebuch eher weiter erhitzt.

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