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Bryan Adams bei seinem Berliner Auftritt.

© Darmer

"Reckless"-Tour: Bryan Adams in Berlin: Operation Starkstrom

Bryan Adams gibt in der Berliner O2 World ein solides Rockkonzert, bei dem er seinen 30 Jahre alten Klassiker "Reckless" komplett durchspielt.

Im letzten Jahr hat der kanadische Stark- und Hauptstrom-Rocker Bryan Adams noch ganz alleine mit Akustikgitarre und spartanischer Pianobegleitung im gediegenen Konzerthaus am Gendarmenmarkt seine Hits präsentiert. Gut und ungewöhnlich. Heute, in der unwirtlichen Mehrzwecksporthalle an Ostbahnhof ist alles gewöhnlicher. Stadionrock mit allem Drum und Dran. Großes Gemeinschaftserlebnis mit Synchronklatschen über den Köpfen. Mitsingen der Hits. Und jede Menge gereckte Handys mit Blitz. Enorme Lautstärke und ein Sound, metallisch scharf und steril, wie ein Operationsbesteck.

Ein Klangbild, in dem sich Kühle und Distanz spiegeln. „Reckless“ ist das Motto der Tour, doch besonders waghalsig oder draufgängerisch ist eigentlich nichts an diesem Abend. Außer vielleicht, dass der 55-jährige Adams immer noch so über die Bühne fegt wie der hübsche, drahtige Junge von einst. Wenn er das vor genau 30 Jahren erschienene, komplette Album „Reckless“ sauber hintereinander abspult. Saftballaden und Kraftrocker. Mit all den eingängigen Songs über die ewigen Jugend-Themen: Junge trifft Mädchen, Affären für eine Nacht, Tanzen und wild sein, große Liebe, Trennungsschmerz. Und natürlich „The Summer Of ’69“. Die Frauen im Saal zucken verzückt, singen versonnen „na na na nah“. Die Männer lächeln milde und lassen sich mitreißen.

Bryan Adams, ein Meister der grandiosen Posen

Bryan Adams sprintet Gitarre spielend von einer Seite zur anderen, auf kleine Extrabühnen, mit Extramikrofonen. Er singt für den Rang links, „Cuts Like A Knife“, und für den Rang rechts, und wieder ab durch die Mitte. „Can't Stop This Thing We Started“. Er breitet die Arme aus, sticht mit den Zeigefingern in die Luft. Ein Meister der grandiosen Pose des Nichtposierens. Mit der große Geste unauffälliger Bescheidenheit des ganz normalen, sympathischen Jungen von nebenan. In der für die Fans so betörenden Mischung aus heftigen Rockern und rührenden Mitsingballaden. Und immer mit einem sanften Touch von Kitsch.

Begleitet wird er von soliden Mitmusikern, adäquat und unauffällig. Wobei sie alle ein bisschen aussehen wie er selbst, mit kurzen geschniegelten Haaren, kantigen Gesichtern, mit schwarzen T-Shirts und schwarzen Hosen – wie die Mannschaft vom Raumschiff Orion. Gary Breit wechselt nach Bedarf von einer Hammond B3 zum Piano. Norm Fisher und Mickey Curry sind mit Bass und Schlagzeug das rhythmische Rückgrat. Und Keith Scott, der wie Curry auch schon vor dreißig Jahren bei den Aufnahmen von „Reckless“ dabei war, spielt sich immer wieder mit filigranen Soli auf diversen Les-Paul- und Stratocaster-Gitarren an den vorderen Bühnenrand. Mit allen Gitarristenwassern gewaschen, mit klaren und schmutzigen, manchmal aber auch mit etwas zu warmem Geplätscher, das doch eher kühl lässt.

Bryan Adams allein mit der Akustikgitarre

Bevor sie alle wieder die Hitze aufdrehen mit „The Only Thing That Looks Good On Me Is You“. Und einer feinen Version von Eddie Cochrans „C’mon Everybody“. Am besten und spannendsten sind dann aber doch all jene Songs, die Bryan Adams ohne Bandbegleitung alleine zur akustischen Gitarre singt. Davon noch mal drei hintereinander als letzte Zugaben nach zwei Stunden Hit-Programm. Der Saal tost in einem Meer von leuchtenden Mobiltelefonen.

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