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Kultur: Reich der Tiere

Eine Erinnerung an den Bildhauer Dieter Finke

„Bilde, Künstler, rede nicht!“ Wenn es irgendeinen Künstler gegeben hat, der nach diesem Goethe-Wort gelebt und geschaffen hat, war es der Bildhauer Dieter Finke, der in seiner Geburtsstadt Berlin am 8. Mai im Alter von 72 Jahren verstorben ist. Im Krematorium Ruhleben fand jetzt die Trauerfeier statt.

Er war ein Künstler-Künstler: Kuddel, wie alle ihn nannten, war der Typ Künstler, dem man das leicht ansah, um seine Erscheinung kümmerte er sich wenig. Viele Künstler schätzen seine Werke hoch. Markus Lüpertz besitzt einige seiner Arbeiten, und er weigert sich, sie gegen andere Werke zu tauschen. Lüpertz erzählt gerne, wie er und Finke aneinandergerieten, als sie sich Anfang der 70er Jahre in Berlin kennenlernten. Aber es dauerte nicht lange, bis sie gute Freunde wurden und auch blieben. In Gesellschaft war er äußerst wortkarg. Er beobachtete, und in seinem Innern formierten sich die Stoffe zu einem Gebilde, die wir Nichtkünstler Kunstwerk nennen. Er hätte dem keine Bezeichnung gegeben. Beobachten und für sich behalten – danach lebte er.

Er war so von seiner Kunst besessen, dass er nur drei Tage vor seinem sich nahenden Tode Farben und Zeichenblöcke bestellte. Er hatte viele Sammler, die sich nicht um Auktionspreise scherten, die nicht kauften, weil sie hofften, mit einer seiner Tierskulpturen oder seinen räumlichen Landschaftsbildern eines Tages einen Reibach zu machen. Sie kauften, weil Finkes Werke ihren Vorstellungen von der Welt der Bilder, von der Natur, vom Leben entsprachen.

Dieter Finke, einst letzter Meisterschüler von Renée Sintenis, hat einen veritablen Zoo geschaffen. Panther, Vögel, Krokodile – in Holz und Bronze, viele auch nur in Papier oder dem Material, das gerade zur Hand war. Sie waren auf ihr Wesen und ihre Bewegung reduziert und dennoch realistisch. Der Besitzer eines Papierleguans erzählte einmal, wie es einem Gast vor Schreck, dass das Tier lebendig sei und ihn anstarre, die Sprache verschlug. Michael S. Cullen

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