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Kultur: Reif für die Insel

Bernd Wolfgang Lindemann über die Zukunft der Berliner Gemäldegalerie, die er ab 2004 leitet

Ab Juni 2004 werden Sie Direktor der Gemäldegalerie. Warum hat man Sie berufen?

Meine reichhaltige Museumserfahrung dürfte wichtig gewesen sein, nicht nur in Berlin, sondern seit neun Jahren auch in Basel. Außerdem hat die Publikumssarbeit bei mir immer eine große Rolle gespielt. Die Gemäldegalerie gehört zu den weltweit führenden Sammlungen. Und gerade daran mangelt es in Berlin: am Bewusstsein für die Bedeutung dieses Museums.

Auf Sie kommen große Aufgaben zu: die Neueinrichtung der Sammlung im Bodemuseum.

In meiner Berliner Zeit habe ich immer zu den Befürwortern eines Umzugs auf die Museumsinsel gehört. Allerdings darf es keine Abstriche in der Präsentation gegenüber dem Bisherigen geben. Am Kulturforum hat die Gemäldegalerie einen wunderbar funktionierenden Bau mit Studiogalerie.

Im Bodemuseum sollen Malerei und Skulptur gemeinsam präsentiert werden. In Berlin haben Sie ursprünglich die Skulpturensammlung betreut. Auch ein Berufungsgund?

Das ist denkbar. Ich hätte nichts dagegen.

Die Museumsinsel ist ein Hauptanliegen des rührigen Generaldirektors der Staatlichen Museen. Befürchten Sie da nicht Kollisionen?

Ich gehe zunächst von einer guten Kooperation auf allen Ebenen aus. Als ich in Basel vor einigen Jahren erfuhr, dass die Gemäldegalerie umziehen soll, habe ich das mit Freuden aufgenommen, und es spielt keine große Rolle, wer das am Ende in die Wege geleitet hat. Ein anderes Problem ist der ausreichende Platz auf der Museumsinsel, über den ich noch mit einer Reihe von Personen sprechen muss. Dabei muss der Besucher trockenen Fußes durch die Gemäldegalerie gehen können.

Als Sie noch in Berlin arbeiteten, schien ein Umzug auf die Museumsinsel unmöglich. Haben Sie deshalb die Stadt verlassen?

Es gab mehrere Gründe. Dabei sollten die positiven überwiegen. Ich hatte in Basel die Möglichkeit, mit einer vorzüglichen Sammlung alter Kunst zu arbeiten.

Mit welchen Gefühlen sehen Sie Ihrer Rückkehr entgegen?

Voller Spannung. Mir geht es wie Vielen, die eine Zeit lang in Berlin gelebt haben. Man braucht nicht unbedingt ein sentimentales Gefühl, um von der Stadt fasziniert zu werden. Die Möglichkeiten sind heute andere als damals, was mit dem stärkeren Zusammenwachsen zusammenhängt.

Eine Weile werden Sie noch am Kulturforum residieren, wo die Besucherzahlen ausgesprochen desolat sind ...

...da muss ich sogleich widersprechen. 250000 bis 300000 Besucher im Jahr, das kann sich sehen lassen.

Trotzdem wirkt die Gemäldegalerie wie ein Aschenputtel unter den Berliner Museen.

Attraktivität und Besucherzahlen haben zunächst nichts mit den Beständen zu tun oder damit, dass alte Kunst heute keine Konjunktur mehr hätte. Das beste Gegenbeispiel ist die Londoner National Gallery. Der Standort ist das Problem. Dem Kulturforum fehlt der unmittelbare U-Bahn-Anschluss. Die Adresse muss besser vermarktet werden.

Sie gelten als Sponsoring-Experte. Wie wollen Sie es in Berlin angehen, wo die Mittel für Ankäufe und Ausstellungen knapp sind?

Mich zunächst umsehen. Wer über Sponsoring nachdenkt, muss – kaufmännisch formuliert – ein vernünftiges Produkt haben.

Also keine Berührungsängste?

Keinesfalls. Ich kann nicht erwarten, dass mich ein Sponsor unterstützt, wenn ich mit ihm nichts zu tun haben will .

Das Gespräch führte Nicola Kuhn.

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