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Kultur: Reise in die russische Seele

KLASSIK

Eine musikalische Reise durch das russische Temperament könnte nicht untypischer beginnen: „Molto maestoso“ (sehr majestätisch) untertitelte Tschaikowskij den ersten Satz seines 1. Klavierkonzertes. Pianist Bernd Glemser nahm dies allzu wörtlich, gestaltete kraftvoll, mit hartem Anschlag den Auftakt zu einem Klavierabend mit den Berliner Symphonikern im Konzerthaus . Die Ohren noch betäubt, setzte Glemser zu leiseren, verträumteren Tönen an: Das ist sie, die russische Melancholie. Im zweiten Satz dann gelang es dem Orchester unter Dirigent Dirk Kaftan nicht immer, einen Spannungsbogen aufzubauen, glänzte Glemser in der Reprise umso mehr mit einem innigen Spiel. Das Orchester wurde immer überzeugender: Furios, sich gegenseitig antreibend und temperamentvoll brachten die Musiker mit dem spritzigen dritten Satz das Klavierkonzert zum Abschluss.

Bis dahin hatte Glemser schon als Virtuose geglänzt – und er sollte noch tollkühner werden: Das 3. Klavierkonzert von Rachmaninow wird mit einem lyrischen Thema eröffnet, das Glemser in einem tragisch-verzweifelten Tonfall vortrug. Das Orchester schmiegte sich mit romantischem Gestus an den Solisten, dessen technische Professionalität sich in der Kadenz erneut zeigte: Seine Finger perlten nur so über die Tasten. In noch rasanteren Läufen beschloss er das Finale – und damit einen Konzertabend, der dann doch noch ganz schön russisch wurde.

Franziska Richter

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