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Die Konferenz Re:publica richtet sich an Blogger und Internetunternehmer.

© dpa

Re:publica 12: Berlins Rezept funktioniert und funktioniert nicht

Auf der Re:publica wird Berlin zum „Internet-Zentrum“ ausgerufen. Hier treffen politische Netzaktivisten und Leute aus der Start-up-Szene aufeinander. Gemeinsame Sache machen sie aber nicht.

Von Anna Sauerbrey

Die 12. Re:publica ist gestartet – und sie ist anders, größer vor allem. Die Konferenz für das Web 2.0 und die digitale Kultur erwartet im Vergleich zum Vorjahr noch einmal 1000 Besucher mehr, 4000 sollen es insgesamt werden. Die Organisatoren sind deshalb wieder umgezogen – in die Station Berlin, einen alten Postbahnhof in der Nähe der U-Bahnstation Gleisdreieck. Das Thema boomt, und jeder möchte ein Stück davon abbekommen. Daimler ist Sponsor, Hornbach verteilt Frühstückssandwiches und Christoph von Knobelsdorff, Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Technologie und Forschung, erklärt bei der Begrüßung, was der Senat dazu beigetragen hat, dass Berlin „zum Zentrum der Internetwelt“ geworden ist.

Das mit dem Zentrum ist natürlich hoch gestapelt, doch ein Stück Wahrheit steckt auch darin. Nicht nur die Re:publica hat sich gewandelt. Auch die Internetstadt Berlin, in der die Konferenz stattfindet, ist nicht mehr die gleiche. Inzwischen vergeht in der Hauptstadt kaum mehr ein Abend, an dem nicht irgendeine Stiftung, eine Partei oder ein Unternehmen zu einem „netzpolitischen Abend“ lädt. Die Politik hat, halb gezwungen durch die Piraten und ihre Wähler, halb gezwungen durch die nachwachsende Politikergeneration, angefangen, das Thema Netzpolitik ernst zu nehmen.

Berlin scheint zum Kristallisationspunkt zukünftiger politischer und wirtschaftlicher Netzentwicklungen zu werden. Gerade erst wurde hier der Deutsche Computerspielepreis verliehen, gleich im Anschluss an die Re:publica, am 8. und 9. Mai, findet die „Next“ statt, eine Konferenz, auf der Investoren und Leute mit Ideen zusammenkommen, um auszuloten, welches die nächste große Start-up-Idee wird. In der Hauptstadt sind Netzpolitik und Internetwirtschaft eng zusammengerückt, zumindest räumlich. Und sie mischen sich auch auf der Re:publica.

Gleich am Mittwoch Vormittag sitzt Jens Begemann auf einem Podium zur Internetwirtschaft. Begemann, der Gründer von Wooga, einem der erfolgreichsten Berliner Start-ups, ist in der schnelllebigen Szene schon eine Art Großvater, einer, der es geschafft hat. Heute morgen, erzählt Begemann Hunderten von Re:publica-Besuchern, habe er gerade neun neue Mitarbeiter begrüßt, damit sei Wooga jetzt auf 190 Mitarbeiter gewachsen.

„In Berlin“, sagt Begemann, „ist es leicht, Menschen aus dutzenden Nationen zu finden, die es einem ermöglichen, weltweit erfolgreich zu sein.“ Mit auf dem Podium sitzen Andreas Thümmler, der Investoren berät, und Heiko Rauch, Investor und Mitgründer von UFOStart, einem Unternehmen, das Beteiligungen an Start-ups organisiert. Die beiden nicken zu dem, was Begemann sagt.

Steigende Mieten und Gentrifizierungsdebatten noch kein Problem für die Branche

Heiko Rauch hat zwar auch ein Standbein in San Francisco, aber keiner auf dem Podium sieht Berlin noch weit hinter dem Silicon Valley. Berlins Rezept funktioniert aus Sicht von Begemann und aus Sicht der Investoren auch weiterhin: Die Stadt sei „immer noch sexy, immer noch bezahlbar, immer noch international und sehr kreativ“, sagt Begemann. „Sogar die Amerikaner ziehen nach Berlin.“ Die steigenden Mieten und die Gentrifizierungsdebatte scheinen zumindest für die Start-up-Szene noch kein Problem darzustellen.

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Ob das für immer so bleibt, oder nur ein Hype ist, darauf hat auch die Gruppe auf dem Podium keine rechte Antwort. „Man muss gucken, dass man die Vorteile beibehalten kann“, sagt Rauch vage und erinnert daran, dass auch München einmal als Technologie-Schwerpunkt galt, bevor es dort Arbeitnehmern und Investoren zu teuer wurde.

Doch die Kosten sind nicht der einzige Faktor, der einer Verstetigung des Hypes im Wege stehen könnte. Die politischen Debatten vom Urheberrecht bis zur Vorratsdatenspeicherung, die in diesen Tagen geführt werden, auch auf der Re:ublica, würden zum Teil das Geschäftsklima negativ beeinflussen, warnen Jens Begemann und Heiko Rauch. In der Debatte würden oft Angst und Vorsicht überwiegen, dabei sei es wichtiger, die Chancen von Technologien herauszustreichen, sagt Begemann. „Das würde auch uns als Start-ups helfen.“

Richtig politisch wird es auf dem Panel dann allerdings doch nicht. Während nebenan Eben Moglen über die Abhängigkeit der Internetfreiheit von der Freiheit der Technologie spricht, wollen sich die Start-up-Leute lieber nicht ins politische Geschäft einmischen. Sich in Verbänden zu organisieren, meint Begemann, sei seine Sache nicht. Die würden zu sehr auf das Bewahren setzen. Er hingegen will vor allem, das Wooga wächst.

Die politischen Netzaktivisten nebenan werden zumindest auf diesem Podium keine Alliierten finden. Begemann und Co wünschen sich lediglich, von der Politik möglichst in Ruhe gelassen zu werden. So berühren sich im Internet-Zentrum Berlin Politik und Wirtschaft zumindest auf der Re:publica doch nur beinahe.

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