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Sebastiano Filippi, gen. Bastianino, Lebendes Kreuz von Ferrara, um 1570, Detail während der Restaurierung.

© Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Christoph Schmidt

Restaurierung eines Renaissance-Gemäldes: Das Kreuz von Ferrara lebt

Ein lange verschollenes Gemälde aus dem Besitz der Humboldt-Uni kehrt zurück.

Ganz unten auf der drei Meter hohen Altartafel von Sebastiano Filippi aus dem 16. Jahrhundert lugt einem die Fratze des Bösen aus feurigem Höllendunkel entgegen. Aber mitten hindurch ziehen sich klaffende Risse in der Malschicht. Millimeterarbeit steht an. Noch wird es Wochen dauern, bis das Restaurierungsprojekt nach über einem Jahr minutiöser Fürsorge abgeschlossen werden kann.

Das Bild ist seit vielen Jahrzehnten im Besitz der Humboldt-Universität. Noch 1985 galt es als verschollen. Jetzt kehrt es zurück. Das ursprünglich für ein Kloster geschaffene Bild kam 1912 aus der Sammlung eines Hamburger Konsuls als Geschenk an die Berliner Universität.

Denn die Theologische Fakultät unterhielt seinerzeit ein Christliches Museum, das auch öffentlich zugänglich war. Den Zweiten Weltkrieg überstand es im Berliner Dom, irgendwo an eine Wand gelehnt. Sogar als schnöde Garderobe soll die kapitale Holztafel gedient haben.

Davon konnte Maria Zielke, Restauratorin der Gemäldegalerie, zum Glück keine Spuren entdecken. Aber die Schäden waren auch so schlimm genug.

Filippis Gemälde soll nächstes Jahr in der Gemäldegalerie gezeigt werden

Das auf Pappelholz gemalte Stück nennt der Sammlungskurator der Gemäldegalerie, Roberto Contini, einen „Leckerbissen“. Er will das vielfigurige Gemälde im kommenden Sommer auf einer Sonderpräsentation der Gemäldegalerie vorstellen, im Spannungsfeld der Kunstzentren Ferrara und Venedig. In keinem anderen deutschen Museum ist der in Ferrara tätige Sebastiano Filippi, genannt Bastianino, vertreten.

Im hölzernen Bildträger fanden sich tiefe Risse, hässliche Übermalungen und vergilbte Firnisschichten. UV-Aufnahmen am Rathgen-Forschungslabor halfen, das Schadensbild zu kartieren, bevor man behutsam daranging, die originale Malschicht des großflächigen Gemäldes wieder freizulegen und die Fehlstellen fein zu retuschieren.

Ermöglicht hat diese Mammutaufgabe die Ernst von Siemens-Kulturstiftung mit 60 000 Euro aus ihrem Programm „Kunst auf Lager“.

Der inhaltlich rote Faden der komplexen Darstellung spannt sich, quer durchs Bild, als feine Blutspur von der Seitenwunde Christi bis hinab zu den Menschen im Vordergrund. Sogar das Kreuz selbst beginnt hier zu gestikulieren, um handgreiflich die theologische Botschaft zu vermitteln.

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Direkt aus den Kreuzesbalken wachsen Arme und Hände, die mit Schlüsseln und anderen Symbolen hantieren. Das „Lebende Kreuz von Ferrara“ des wenig bekannten Bastianino hat viel zu erzählen. Gut, dass das Werk wieder auflebt.

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