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Rheinsberger Musikakademie: Die Liebe, ein Witz

Die Rheinsberger Musikakademie feiert Jubiläum mit Glucks Oper „Orpheus und Eurydike“.

Der „Reigen seliger Geister“ aus Christoph Glucks „Orpheus und Eurydike“ gehört zu den populärsten Klassikstücken überhaupt. Doch leibhaftig auf der Opernbühne vertanzt sieht man die Balletteinlage selten. Zu groß ist die Versuchung, die Reformoper ganz auf ein düsteres Dreipersonenstück zu verdichten. Eine willkommene Ausnahme bietet die Musikakademie Rheinsberg. Zum zehnjährigen Jubiläum ihrer österlichen Opernproduktionen im Schlosstheater hat sie sich den Luxus geleistet, das wichtige Reformwerk des schon zu Prinz Heinrichs Zeiten in Rheinsberg gefeierten Gluck mit vertanzten Balletteinlagen in der Pariser Fassung von 1774 zu präsentieren.

Es sind keine blutleeren Feenwesen, die der Choreograf Uwe Czebulla und der Regisseur Alvaro Schoeck auftreten lassen. Was die Zuschauer mit Orpheus erblicken, ist vielmehr ein junges Paar, das die Erinnerung an den Beginn der Liebe von Orpheus und Eurydike tanzend aufleben lässt. Mit wunderbar austarierten Gesten voll spielerischen Ernstes erzählen sie davon, dass Seligkeit nicht in der Abwesenheit von Konflikten bestehen muss, sondern in ihrer flüchtigen Balance. Das Bühnenbild von Merle Vierck ist ein in Weiß, Schwarz und wenig Grün gehaltener Hochzeits- und Trauersaal, aus dessen Schleierdekoration sich Eurydike bei ihrer Reinkarnation herausschälen wird.

Ginge es nur nach den besten Momenten, wäre dies die bisher beste Produktion der Musikakademie. Das Durchschnittsniveau der jungen Künstler ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Mit dem Tenor Seil Kim und der Sopranistin Hanna-Elisabeth Müller hat man zwei technisch äußerst sichere Hauptdarsteller gefunden, zu denen sich Jardena Flückigers als stimmlich präsenter, schauspielerisch differenziert agierender Amor gesellt. Eva Casparis Dirigat beeindruckt durch die dramatische Intensität. Und auch wenn es ihr an sensiblen Stellen wie dem seufzenden zweiten Thema der Ouvertüre oder in Orpheus berühmter Trauerarie noch an lyrischer Intensität fehlt – entscheidend ist die Sicherheit, die sie dem jungen Team vermittelt. Und so gelingen die packende Unterweltszenen des zweiten Akts, in denen Tänzer, Sänger, Orchestermusiker und nicht zuletzt der bestens einstudierte Chor in immer neuen Anordnungen die unterschiedlichsten Verbindungen aus körperlicher und musikalischer Präsenz erproben.

Eine Ausnahme ist der Hauptdarsteller Seil Kim. Ganz auf die Wirkung seines ausgeglichenen, in allen Lagen warm glänzenden Tenors vertrauend, gestaltet er seine Partie musikalisch wie gestisch erschreckend konventionell – und verspielt seinen sicheren Triumph so fahrlässig wie Orpheus seine Eurydike. Leider erweisen sich auch die vielversprechenden Regieansätze nach der Pause als lose Enden. Für die festliche Entfremdung des zum Opernfinale wiedervereinten Paares fallen Schoeck nur noch eindimensionale Gags ein. Amor, zuvor in Tanz und Gesang als Teil von Orpheus Seele dargestellt, wird nun zum albernen Putto, der das widerstrebende Paar auf ein gestelltes Hochzeitsfoto bannt.

Weitere Aufführungen vom 9. bis 11. sowie am 17. und 18. April. Kartentelefon: 03 39 31 /3 92 96

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