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Zwei kommen sich näher. 2008 begann die zarte Romanze zwischen Merkel und Schweinsteiger.

© dpa

Rinkes Love Letters (3): Was Angie diesmal an Schweini schrieb

Den ersten Brief an Bastian Schweinsteiger schrieb Angela Merkel während der letzten EM. Immer, wenn Deutschland spielt, setzt Merkel-Ghostwriter Moritz Rinke hier die amouröse Briefeserie fort. Heute: Schnupfen und Trötinus.

Lieber Basti,

Glückwunsch zum Sieg gegen Australien, das war sehr ansehnlich vorgetragen und nun bin ich davon überzeugt, dass wir auch heute die Serben dorthin zurückschicken werden, wo sie hingehören, nämlich auf den Balkan! Im Spiel gegen „Aussschtralien“ (Löw sagt immer „Aussschtralien“, wie süß), da warst du der Beste!! Wieder war deutlich zu sehen, wie ähnlich wir uns sind im Führungsstil. Du spielst wie eine Kanzlerin! Man kann ja so ein Fußballfeld aufteilen in ein Innen- und Außenministerium und in ein Verteidigungsministerium, vielleicht noch in ein Ministerium für Umweltschutz und ReakTORsicherheit, aber du bist eindeutig das KANZLERAMT, bei dir laufen alle Fäden zusammen. Darum hat es mich auch gestört, dass danach so viel von diesem Müller gesprochen wurde. Diese ZDF-Moderatorin hat entweder vom „inneren Reichsparteitag“ gesprochen oder vom „frischen Müller“ (Tja, man soll einfach keine Frauen Fußball kommentieren lassen, „innerer Reichsparteitag“ geht ja noch, aber „frischer Müller“??)

Du warst der frischeste!! Wenn dich dieses Müllergerede nervt, mach’s doch so wie ich mit Guttenberg, den finden ja auch alle so toll und frisch, und da habe ich einfach mal von meinem Pofalla heimlich ein Gutachten anfertigen lassen. Willst du, dass Pofalla mal ein Gutachten über den „frischen Müller“ anfertigt? Und dann schicken wir das an die „Bild“-Zeitung, wirst sehen, danach wird der Müller sich aber nicht mehr so frisch aus dem Fenster lehnen! Sag einfach Bescheid und der Pofalla macht das.

Hast Du noch Schnupfen? In der Zeitung stand gestern, dass Du Schnupfen hast.

Ich hoffe, das war eine Falschmeldung, wie so oft.

Basti, wie kommst du denn mit dem Tröten, diesen Vuvuzelas zurecht? Vor ein paar Tagen, als hier bei uns zu Hause der alte Bundespräsident mit einem Großen Zapfenstreich verabschiedet wurde, habe ich mir vorgestellt: Die Bundeswehrkapelle nimmt jetzt einfach diese Vuvuzelas und trötet!! Und zwar so lange bis Wulff im Bellevue sitzt!! Dann muss ich mir nicht mehr das ganze Gerede bis Ende Juni anhören, hier schreiben die dämlichen Zeitungen ständig von Neuwahlen und Gauck, GAUCK. YES,

WE GAUCK, der nervt mich schon wie dich dieser MÜLLER!

Moritz Rinke, 42, ist Schriftsteller, Tagesspiegel-Autor und Stürmer der Autoren-Nationalelf. Zuletzt erschien von ihm der Roman „Der Mann, der durch das Jahrhundert fiel“.
Moritz Rinke, 42, ist Schriftsteller, Tagesspiegel-Autor und Stürmer der Autoren-Nationalelf. Zuletzt erschien von ihm der Roman „Der Mann, der durch das Jahrhundert fiel“.

© Joscha Jenneßen

Ich würde jetzt am liebsten bis zur Sommerpause durchtröten lassen mit den VUVUZELAS! Herr Gabriel von der SPD würde mir bestimmt wieder eine SMS tippen, völlig zugetrötet: „Sehr geehrte Frau Bundeskanzlerin. Ich habe Verständnis für die Vorbereitung einer Kandidatur für das Amt des Bundespräsidenten, aber stellen Sie im Namen des Volkes diese TRÖTEN ab, wir Sozialdemokraten und auch Bündnis 90/Die Grünen werden daran zugrunde gehen!! Bitte bitte, geben Sie Vuvu-Stops! Vuvu-Stops, Frau Bundeskanzlerin, bitte, bitte!!“

Und ich antworte wieder: „Danke für die Info“, ganz knapp, mach ich immer so, und dann lass ich weitertröten, die sollen alle Trötinus bekommen! Ich geb doch keine Vuvu-Stops, hör ich wenigstens auch Westerwelle nicht mehr!

Basti, wie findest du eigentlich Westerwelle? Wenn du die Wahl hättest, zwischen Westerwelle als Koalitionspartner und einer Vuvuzela direkt am Ohr, was würdest du nehmen? Ich würde immer die Vuvuzela direkt am Ohr wählen, da muss ich gar nicht lange überlegen. Immer noch besser als diese Nervwelle!

So, Basti, du musst gleich gegen die Serben ran und zu mir kommt wieder die Wildsau Seehofer ins Büro, die FDP hat den „Wildsau“ genannt, weil er die FDP als „Gurketruppe“ bezeichnete, ich finde beides stimmt: Gurkentruppe und Wildsau! Du Basti, wenn ich die Wahl hätte zwischen Serben und Seehofer, ich würde immer die Serben nehmen!

Ich wünsche dir ein gutes, erfolgreiches Spiel, spiele wieder wie die Kanzlerin, dann tippe ich auf ein glattes 2:0. Und wenn’s Elfmeter gibt, schießt du. Und wenn du schießt, denke bitte beim Schuss daran, dass zwar die Wildsau neben mir sitzt, ich aber nur in Gedanken bei dir bin! Und irgendwann; Basti, wird man uns beide vergleichen, so wie man Willy Brandt mit Günter Netzer verglich. Merkel und Schweinsteiger!

So, mein Basti, ich schreibe dir wieder gegen Ghana. Meine Briefe kommen zu dir in den südafrikanischen Winter wie ein schöner Adventskalender — bis wir beide Weltmeister sind.

Deine Angie

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