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Daheim. Robert Wilson im Watermill Center auf Long Island. Foto: Getty Images

© Patrick McMullan via Getty Image

Robert Wilson wird 80: Wie im Flug

In Berlin saß er im Lockdown, in Paris wird er jetzt gefeiert: Der Theaterzauberer Robert Wilson wird 80. Jahre alt. Eine Gratulation.

In Paris hat vor fünfzig Jahren seine internationale Karriere begonnen, in Paris wird er jetzt gefeiert. Das Festival zeigt die legendäre Performance „I was sitting on my patio this guy appeared I thought I was hallucinating“ in einer Neuaufnahme mit jungen Akteuren. Robert Wilson arbeitet hier auch wieder mit Lucinda Childs zusammen: Ihr „Einstein on the Beach“ hatte ebenfalls nach Jahrzehnten eine Wiedergeburt erlebt, in Paris und im Haus der Berliner Festspiele. Unvergessen, grandios.

Da zeigen sich Grundlinien in Wilsons Leben und Werk. Er ist zutiefst loyal. Das gilt für die Künstler und Künstlerinnen, die er zusammenbringt. Und es gilt für Orte, Paris ganz besonders. Auch Berlin spielt in seiner Biografie eine entscheidende Rolle.

An der Schaubühne kreierte er die ersten mächtigen Zauberstücke im deutschsprachigen Raum, es begann 1979 mit „Death, Destruction and Detroit“. Später war das Berliner Ensemble ihm eine Heimat. Seine „Dreigroschenoper“ lief viele Jahre erfolgreich und fand erst kürzlich in der Regie von Barrie Kosky eine Nachfolgerin. Brecht und Wilson, Wilson und Heiner Müller: Gegensätze sind die Voraussetzung, wenn ein Wunder auf der Bühne geschehen soll.

Und was wäre Robert Wilsons Arbeit anderes als eine Abfolge von bis ins letzte Detail geplanten Wunderwerken? Oper, Tanz, Schauspiel, Slapstick, Pantomime, all die elementaren Formen des Welttheaters gehen in seinem Design auf. Er ist ein wandelndes Archiv, ein großartiger Entertainer im Gespräch.

Während der Pandemie saß er in Berlin im Lockdown. Freunde halfen ihm durch die schwere Zeit, als die Wilson-Maschine fast zum Stillstand kam und Reisen nicht möglich waren. Falls es eine Hölle gibt für breite C02-Fußabdrücke, dann muss man sich um ihn schon Sorgen machen. Welttheater heißt bei ihm auch immer Theater in aller Welt. Heute Mailand, morgen dann Madrid.

"Turandot" in der Opera Bastille

Jetzt läuft es wieder. Im Dezember ist seine „Turandot“ in der Opera Bastille zu sehen, später auch in Houston, Texas. In dem US-Südstaat wurde er geboren. Als vor ein paar Wochen sein „Oedipus“ das Theaterfestival in Budapest eröffnete, schickte er eine Protestnote mit. Wilson wandte sich gegen die restriktive und undemokratische Kulturpolitik der ungarischen Regierung. Die Orban-Leute haben die Freiheit von Kunst und Lehre an der SZFE-Universität erheblich eingeschränkt. Wilson war es wichtig, dass das Publikum in Budapest seine Inszenierung sehen konnte. Er spendete die Hälfte seines Gastspielhonorars der Initiative „Free SZFE“.

Auch in Watermill auf Long Island gehen die Aktivitäten weiter. Wilsons Hauptquartier und Workshop zeigt eine Ausstellung des Malers Paul Thek. Robert Wilson ist ein leidenschaftlicher Sammler, und auch da kennt er keine Grenzen. Südostasiatische Artefakte, präkolumbianische Stücke, Keramik von Hedwig Bollhagen oder auch Designer-Stühle aus den zwanziger Jahren – Wilson lebt in einem Arts- and Crafts-Museum. An diesem Montag wird er 80 Jahre alt. Peter Pan fliegt weiter.

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