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Nur nicht hängen lassen. Rod Stewart – hier Mitte der siebziger Jahre – hat hundert Millionen Tonträger verkauft.

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Rod Stewart wird 70: Der Verschwender

Er war Mod, Bluesrocker und Glamrockgott. Mit den Faces und solo hat Rod Stewart einige grandiose Platten aufgenommen. Dann wurde ihm die Musik irgendwann egal. Jetzt wird er 70 Jahre alt.

Für einen Riesen gleicht die Reise über ein Weltmeer dem Sprung über eine Pfütze. Das Cover von „Atlantic Crossing“, dem sechsten, 1975 veröffentlichten Album von Rod Stewart, zeigt den Sänger bei seiner Ankunft in New York, als glitzernden Glamrockgott, der alle Hochhäuser überragt. Unter einer Hand klemmt ein Fußball, mit der anderen schüttet er ein britisches Bier ins Meer. „Atlantic Crossing“ markiert einen Neubeginn. Stewart wechselte zur Plattenfirma Warner Brothers und zog nach Los Angeles. Aber der Ortswechsel war auch eine Flucht vor der Labour-Regierung, die Spitzenverdienern einen Steuersatz in Höhe von 83 Prozent ihres Einkommens abnötigte.

Wenn Rod Stewart im Auftaktstück „I’m a three time loser“ singt, kann das nur ironisch gemeint sein. Denn „Atlantic Crossing“ war überaus erfolgreich, erreichte in Großbritannien die Spitze der Hitparade und Platz 9 in den USA. Die Platte hat eine schnelle und eine langsame Seite, ein Konzept, das angeblich auf Stewarts damalige Freundin, die schwedische Schauspielerin Britt Ekland, zurückgeht. Auf der „Slow Half“ finden sich der geigengerahmte Klassiker „I Don’t Want to Talk About It“ und der inzwischen totgenudelte Schunkelhit „Sailing“.

Aufgenommen wurden die Songs unter anderem in den legendären Soul-Studios von Hi Records in Memphis und Muscle Shoals in Alabama. Die Liste der Mitwirkenden war handverlesen, unter ihnen waren die Memphis Horns und fast alle Musiker von Booker T. and the MGs. Von seinen alten Mitstreitern von den Faces, dem Gitarristen Ron Wood, Organist Ian McLagan und Bassist Ronnie Lane, verabschiedete sich Stewart mit „Atlantic Crossing“. Am Ende des Jahres verkündete er seinen Ausstieg aus der Band.

Rod Stewart verschwendete sein Talent

Rod Stewart, der am 10. Januar 1945 in London geboren wurde, gehört mit 100 Millionen verkauften Tonträgern zu den erfolgreichsten Rocksängern. Trotzdem ist er ein Musiker, der sein Talent verschwendete. Schon die Faces galten als Gruppe, der es wichtiger war, einen Studiotag im Pub ausklingen zu lassen als ein paar Aufnahmen noch mal zu wiederholen. Ihre Best-of-Platte heißt folgerichtig „Five Guys Walk Into A Bar“. Und für Stewart, der ursprünglich Fußballprofi werden wollte, hatten irgendwann Frauen, Sport und seine Haare eine höhere Priorität als die Musik.

Begonnen hatte er seine Karriere als Rod the Mod mit Pilzkopffrisur. Seine erste Single „Good Morning Little Schoolgirl“ erschien 1964. Stewart besaß eine markante Bluesstimme, bald sang er bei Steampacket, der Band von Brian Auger und Julie Driscoll, Shotgun Express, wo er auf Peter Green und Mick Fleetwood traf, und der Jeff Beck Group. 1969 kam sein erstes Soloalbum „An Old Raincoat Won’t Ever Let You Down“ heraus, eine exquisite Sammlung von Folkbluessongs und Coverstücken wie „Street Fighting Man“ von den Stones. Kurz danach verließ Steve Marriott die Small Faces, und Stewart stieß zur Nachfolgeband Faces.

Die Faces waren begnadete Rumpelrocker

Die Faces waren begnadete Rumpelrocker, Irritationen gehörten zum Programm. „Man wusste nie, was auf der Bühne passieren würde“, sagte Stewart in einem Interview. „Wir hatten oft das, was wir ,dreckiger Unfall’ nannten.“ In Amerika klang die Musik des Sängers weniger dreckig. Auf das soulige Album „A Night On The Town“ folgten durchwachsene Platten. Mit „Hot Legs“, „Da Ya Think I’m Sexy?“ und „Baby Jane“ gelangen Discohits. Ab Ende der achtziger Jahre wurden die Veröffentlichungen irrelevant. Als Live-Musiker ist Rod Stewart noch immer unterwegs. Ab Ende des Monats singt er in Las Vegas. Danach in Australien. Aufhören will er, „wenn die Glocke klingelt“.

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