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Kultur: Rom, Blicke

Nacht der Villa Massimo im Martin-Gropius-Bau.

Veranstaltungen dieser Art sollten öfter so würdig beginnen wie die Nacht der Villa Massimo im Berliner Martin-Gropius-Bau. Jazztrompeter Till Brönner setzt zur Fanfare an – und schon wird es still, Gespräche und Weinglasklirren verstummen: volle Konzentration für einen flüchtigen Kunstgenuss. Denn traditionellerweise präsentieren sich die letztjährigen Stipendiaten der Deutschen Akademie in Rom nur für drei Stunden in der Hauptstadt, dieses Mal im Beisein von Bundespräsident Joachim Gauck.

Die Villa Massimo ist bundesrepublikanischer Besitz, seit mehr als hundert Jahren schickt Deutschland seine Künstler an den Tiber. Jedes Jahr dürfen zehn Auserwählte aus Literatur, Musik, Architektur und bildender Kunst elf Monate lang dort leben und arbeiten. Paradiesisch muss das sein, bei den Berliner Abenden spürt man jedes Mal einen Hauch von Dolce Vita. Direktor Joachim Bühler erinnert an rauschende Feiern und nächtelange, fruchtbare Diskussionen unter seinen Künstlern. Ihm ist zu verdanken, dass in seiner zehnjährigen Amtszeit die Villa Massimo zu einem lebendigen Kunstzentrum geworden ist.

Fotograf Jim Rakete, neben Brönner ein prominenter Gast des vergangenen Jahres, hat die anderen Stipendiaten mit tiefenentspannten Gesichtsausdrücken porträtiert. Die Berliner Schriftstellerin Katja Lange-Müller gesteht in ihrer Eröffnungsrede, dass sie beim Packen der Ikea-Kisten am Ende des Aufenthalts ihrerseits von einer derartigen Melancholie gepackt wurde wie nie seit ihrem „Hier- und Dasein“. Später liest sie einen launigen Ausschnitt aus ihrem noch unveröffentlichten Manuskript „Asta“, die beiden Komponisten Stefan Bartling und Hauke Berheide präsentieren neue Werke, die in Rom entstanden sind, ebenso die bildenden Künstler Jeanne Faust, Nicole Wermers, Eva Leitolf und Philipp Lachenmann.

Größtes Gedränge herrscht in den beiden Architekturräumen. Antje Buchholz hat einen bereits existierenden Trend des überhitzten römischen Immobilienmarktes weiterentwickelt: Angeboten werden Mikrowohnungen im attraktiven Innenstadtbereich von wenigen Quadratmetern für mehrere zehntausend Euro, häufig sogar ohne Fenster. Ihr praktisches Holzmodell ist fünf Quadratmeter groß, Tisch und Regal sind eins, die Pritsche schmal. Ähnlich flexibel und klein ist auch die von Birgit Elisabeth Frank entworfene Wanderkapelle aus gefaltetem Papier. Sie ist raumhoch, die Form erinnert an einen Pinienzapfen. Man kann sich vorstellen, dass die Villa Massimo, ein Ruhepol im trubeligen Rom, genau der richtige Ort ist, um sich so einen lichten sakralen Schutzraum auszudenken. Anna Pataczek

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