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Kultur: Rübensirup hinter dunklen Tapeten

THEATER

Von Susanna Nieder

Die Hölle ist ein enges Haus mit dunklen Tapeten, seit die Tochter als Pflegefall betreut werden muss. Die junge Frau greift blind in die Luft und stößt unartikulierte Laute aus, die Eltern sitzen von Scham, Schuld und Hilflosigkeit gelähmt dabei. Wenn das die Hölle ist, wer ist dann der Teufel? In Dennis Potters Stück Brimstone and Treacle (Schwefel und Rübensirup), vom Red Square Theatre bei den Berliner Friends of Italian Opera aufgeführt, betritt ein zweifelhafter junger Mann die Szene, der die Mutter mit Nettigkeiten gewinnt, die sie seit Jahren nicht gehört hat. Beim Vater muss er sich mehr anstrengen, doch Verzweiflung macht die Menschen gutgläubig.

Es hat etwas Rührendes, heutzutage noch den Satan zu bemühen, doch der Fernsehautor Potter konnte sich so was leisten, als der Beste seiner Generation, ein unverbesserlicher Provokateur. Sein Teufel ist der Teil von jener Kraft, die das Gute will und stets das Böse schafft. Die BBC hielt das 1976 geschriebene Skript zwölf Jahre lang zurück, weil ihr Potters Version des Goethe’schen Mephisto zu gewagt erschien. Dabei könnte sie heute noch funktionieren, die Glaubwürdigkeit steht und fällt mit der Darstellung des jungen Mannes. Vor allem hier versagt Jeff Boyds Inszenierung. Philipp Rafferty spielt schmierig und unaufrichtig, selbst vor viel sagenden Seitenblicken ins Publikum schreckt er nicht zurück. Diesem Kerl würde kein Mensch auf den Leim gehen. Und so mühen sie sich vergeblich – Helen Collins als Tochter, Terry Dieneen als Mutter und Jeff Boyd, der als Vater die überzeugendste Darstellung abgibt.

Bis 6. Juli täglich außer montags

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