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Kultur: Rückblick: Erhabene Kürbisharfe (Pop)

Als Salif Keita mitten im Konzert seine zehnköpfige Band von der Bühne schickt, herrscht plötzlich andächtige Stille. Kein Räuspern, kein Tuscheln, kein Gläserklirren im ausverkauften Quasimodo.

Als Salif Keita mitten im Konzert seine zehnköpfige Band von der Bühne schickt, herrscht plötzlich andächtige Stille. Kein Räuspern, kein Tuscheln, kein Gläserklirren im ausverkauften Quasimodo. Gebannt lauscht das Publikum Keitas kehligem Belcanto, der am schönsten in den schwermütigen Balladen zur Geltung kommt. Dazu spielt der malinesische Sänger auf der akustischen Gitarre, die in seinen Händen so erhaben wie eine Kürbisharfe klingt. In solchen Momenten lässt sich die stille Traurigkeit in den Augen des Musikers erspähen. Vor 53 Jahren kam er als Albino zur Welt, was in seiner Heimat als böses Omen galt. Und als Angehöriger eines Fürstengeschlechts wurde Keita von seiner Familie endgültig verstoßen, als er sich zur Musikerkaste der Griots gesellte. Heute zählt Keita zu den Pionieren des Afro-Pop: Im Quasimodo, wo er sein neues Album "Moffou" präsentiert, feiert er, unterbrochen von wenigen Balladen, ein rauschendes Fest: Ausschweifende Improvisationen der exzellenten Band an Schlagwerk, Gitarren und Kora münden in eine entfesselte afrikanische Rumba, zu der Keita immer wieder Tänzer aus dem Publikum auf die Bühne holt. In diesem polyrhythmischen Taumel scheint auch die Grenze zwischen Musikern und Zuschauern fast vollständig aufgehoben. Und Keita, beseelt von der Power der Ausgestoßenen, genießt es.

Roman Rhode

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