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Kultur: Rückschau: Theater: Tod im Herzen

Die Leiche liegt da. Immer wieder ändert sie ihre Position - dreimal.

Die Leiche liegt da. Immer wieder ändert sie ihre Position - dreimal. Mit jedem neuen Stellungswechsel wird ihr Tod, ihr Selbstmord, unwirklicher, gleichzeitig dramatischer und ihr Mann hilfloser. Hilflos ist anfangs auch das Publikum in Klaus Gehres Inszenierung der Heiner-Müller-Texte "Herzstück / Todesanzeige" in der Brotfabrik (bis 10.3., 20 Uhr 30). Denn Gehre lässt den Zuschauer zunächst tatsächlich im Dunklen - sitzen. Als sich die Augen gerade an die Schwärze gewöhnen - Licht. Auf der Bühne steht eine Kiste, telefonzellengroß. Eine Art Kasperletheater, doch anstatt der Handpuppen hängt ein schwarz besockter Fuß in der Miniatur-Bühne. Ein zweiter gesellt sich hinzu. Die schwarze Sockenkampagne zeigt die Entstehungsgeschichte einer Beziehung und sie ist zu lang. Gehres Interpretation der "Todesanzeige" hätte dieser pantomimischen Einleitung gar nicht bedurft. Die Verzweiflung des Schriftstellers beim Anblick seiner toten Frau inszeniert Gehre aus verschiedenen Perspektiven.Damit nimmt der Regisseur geschickt die subtile Kälte Müllers auf, mit der dieser vom Auffinden seiner Frau Inge Müller berichtet hat. Die Auseinandersetzung des Dichters mit der geliebten Toten ist für Gehre mit der hilflosen Annäherung identisch, die Müller in "Herzstück" schildert. "Ihr Herz ist ein Ziegelstein - Aber es schlägt nur für Sie."

Judith Kessler

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