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Kultur: Rund ums Mittelmeer

ARCHITEKTUR

Mit dem Band über das Mittelmeerbecken liegt die zehnteilige Reihe „World Architecture 1900 – 2000“ nunmehr abgeschlossen vor. Das Gemeinschaftsunternehmen des Wiener Springer Verlages und der China Architecture and Building Press folgt einer regionalen Einteilung und innerhalb dieser einer leidlich chronologischen Reihenfolge. Ein solches Konzept ist, was die Gleichberechtigung der verschiedenen Weltgegenden angeht, aller Ehren wert, muss aber seinem Thema gegenüber, der Architektur des 20. Jahrhunderts, notwendigerweise zu Verzerrungen führen. Denn die Baukunst dieses Säkulums, des ersten einer globalisierten Welt, ist nun einmal die des Abendlandes. Auch die Abgrenzung einer Mittelmeerregion kann nicht ganz überzeugen (V.M.Lampugnani, ed.: Mediterranean Basin. Springer, Wien/New York 2002, 294 S., 519 Abb., geb. 79 €). Insofern liefert das Prinzip der Buchreihe, die Architekturentwicklung anhand von Einzelbeispielen darzustellen, den eleganten Ausweg, Europa in den Mittelpunkt zu rücken und um einige nordafrikanische Exempel lediglich zu ergänzen.

Die Auswahl der Einzelbauten durch eine Fachjury verhindert einen allzu subjektiven Blick. Gleichwohl kommen überraschende Nominierungen zustande; sie machen überhaupt den Charme dieses eigenwilligen Buchprojektes aus. Georges-Henri Pinguissons Pariser „Mahnmal für die Deportierten“ von 1954/62 ist kaum einem Paris-Besucher geläufig, Henri Cirianis Sozialwohnungskomplex „Noisy 2“ in Marne-la-Vallée (ab 1975) desgleichen; und doch werden damit zwei wichtige Bauaufgaben der (zweiten) Nachkriegszeit berührt. Spanien ist mit der Architektur seiner beiden Boom-Jahrzehnte vor der Jahrtausendwende exzellent vertreten, Italien füllt dagegen eher die vierziger und fünfziger Jahre. Da dürfte der Wunsch nach zeitlicher Ausgewogenheit eine Rolle gespielt haben. Die Anrainer des östlichen Mittelmeeres finden überhaupt nur sporadisch Beachtung. Insgesamt bieten die zehn Bände der Reihe anregende Einzelbeobachtungen – zum Gesamtüberblick allerdings sollte der Leser auf die bewährten, durchgeschriebenen Darstellungen zurückgreifen.

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