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Kultur: Russisches Terzett

„Sauerstoff“ im Studio des Maxim-Gorki-Theaters

Ein junger Mann, genannt Alex, erschlägt in der russischen Provinz seine Frau. Weil er in der großen Stadt, es könnte Moskau sein, ein Mädchen namens Alex sieht und in Liebe entbrennt. Oder doch nicht? Iwan Wyrypajew hat mit Alex und Alex Figuren geschaffen, die für die Generation der Dreißigjährigen im heutigen Russland stehen, aber keine Individualität haben. Sie sind viele, nehmen immer neue Identitäten an, taumeln unruhig, pausenlos redend und fragend durch den Alltag, versuchen, die ganze Welt zu fassen, und behalten nichts in den Händen. Sie streben nach dem Sicheren, Verlässlichen, nach „Sauerstoff“.

So heißt das Stück mit drei Personen (SIE, ER, DJ), das jetzt im Maxim-GorkiStudio zur Aufführung kam, in Koproduktion mit der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“. Regisseurin Mareike Mikat nutzte den monologisch strukturierten Text für eine phantasmagorische Explosion. Sie bringt ein böses gutes Märchen auf die Bühne mit drei braunzotteligen, aus einem Pappkarton kriechenden, tierischen Männer-Wesen und zwei Frauen als Objekten der Begierde. Der unergründliche russische Birkenwald erscheint und verglüht, der sterbende Schwan hat seinen Auftritt auf der von Papierschnipseln bedeckten Bühne, Verkleidungen und Verwandlungen vollziehen sich in einem Rausch von Bewegung, Tanz und Musik. Die fünf Schauspielstudenten leisten harte, schweißtreibende Arbeit, aber sie bewahren die anrührende Naivität spielender Kinder.

So bleibt das didaktische Seminar über Sauerstoff als Grundlage von Leben, von Liebe, von schöpferischer Kraft munter und frisch, auch wenn der in „Titel“ und „Strophen“ gegliederte Text nicht selten nur um sich selber kreist. „Lasst den Sauerstoff bis zum Ende strömen, das ist das Einzige, worum ich bitte, das ist der ganze Sinn“. So sagt es ER zum Schluss einer ausufernd kraftgeladenen, übermütigen Aufführung, mit der das MaximGorki-Theater seine Reihe „Europa lesen“ eröffnete.

„Sauerstoff“ wieder am 27. Januar; „Europa lesen, bis 18. März.

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