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Sammlung Charim zu Gast in Berlin: Wiener Blut

Hermann Nitsch, Valie Export: Die Sammlung Charim im Salon Dahlmann.

Manche Zufälle erhalten erst später im Leben ihren tieferen Sinn. So verhielt es sich auch bei Daniel Charim, der 1968 als Jurastudent in einem Hörsaal der Wiener Universität Zeuge der berühmt-berüchtigten „Uni-Ferkelei“ wurde. Mehrere Akteure des Wiener Aktionismus brachen in ihrer Veranstaltung mit einer Reihe von Tabus. Während sich die einen entsetzt distanzierten, entstand aus Charims Zufallsbegegnung ein nachhaltiges Interesse an dieser Kunst, das er mit seiner Frau Miryam Charim bis heute teilt.

Beide erwarben im Laufe der Jahre zahlreiche Werke der zentralen Figuren der alpenländischen Aktionskunst, wie Hermann Nitsch, Günter Brus, Rudolf Schwarzkogler und Valie Export. Mit dem 1969 vor einer Gefängnisstrafe nach West-Berlin geflüchteten Sprachphilosophen Oswald Wiener entstand sogar eine Freundschaft, die auch das Ehepaar Charim regelmäßig an die Spree führte.

Jetzt ist ihre Sammlung in sechs Räumen des Salon Dahlmann ausgestellt. 18 Künstler wurden für die dichte und atmosphärische Präsentation ausgewählt. Die Ausstellung verbindet die ältere Künstlergeneration, ergänzt durch Arnulf Rainer, Dieter Roth, Ingrid Wiener und Franz West, mit jüngeren Positionen, in denen die künstlerischen Strategien der 60er und 70er-Jahre eine Fortsetzung finden.

Nur ein Teil dieser Künstler rekrutiert sich aus dem Programm der Wiener Galerie von Miryam Charim, die von 2008-2011 gemeinsam mit Lisa Ungar auch einen Ausstellungsraum in Kreuzberg betrieb. Was die Ausstellung sehenswert macht, sind nicht nur die Klassiker der Wiener Kunst um 1970, sondern die gelungen Dialoge zwischen den Werken der älteren mit denen der jüngeren Generation. Roberta Limas Piercingringe antworten sinnfällig auf die Tätowierungen von Valie Export und Chloë Pienes fragile Zeichnungen auf Skizzen von Günter Brus. Die Lieblingsstücke von Miryam Charim sind übrigens zwei „Kinderzeichnungen“ von Valie Export. „Sie zeigen“, so Charim, „etwas sehr Österreichisches, eine Fantasie, die man haben darf, mit allen Konsequenzen.“ Thomas W. Kuhn

Salon Dahlmann, Marburger Str. 3; bis 7. 10., Fr–So 11–18 Uhr

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