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Kunstsammler Heiner Pietzsch und seine Frau Ulla 2014 in der Neuen Nationalgalerie in Berlin.

© dpa

Sammlung Pietsch geht an die Staatlichen Museen: Ein Bildertraum wird wahr

Versprochen und geplant ist es schon lange. Am heutigen Mittwoch wird die Sammlung Pietzsch endlich offiziell an die Staatlichen Museen zu Berlin übergeben.

Liebe auf den ersten Blick war es nicht. Ulla und Heiner Pietzsch mussten sich erst einmal mit dem Entwurf von Herzog & de Meuron für das Museum des 20. Jahrhunderts anfreunden, das von außen einer Scheune gleicht. Doch dann entdeckte das Sammlerpaar bei genauerer Betrachtung des derzeit im Kulturforum ausgestellten Modells, dass vier Säle mit ihrem Namen bezeichnet sind. Das machte den äußerlich wenig ansprechenden Vorschlag des Architektenduos für sie gleich sympathischer. Hier also würden Max Ernst, Miró, Magritte, Dalí und all die anderen, die bislang noch in der Grunewald-Villa der Pietzschens hängen, künftig ihr Zuhause haben. Das Eis war damit gebrochen; eine einstündige TV-Doku über die gewissenhafte Arbeitsweise der Schweizer Architekten überzeugte die beiden Kunstliebhaber endgültig.

Doch ob Ulla und Heiner Pietzsch der künftige Erweiterungsbau der Neuen Nationalgalerie nun gefällt oder nicht, ist sekundär. Das Paar hält Wort, es überschreibt seine Surrealisten-Kollektion samt einem Konvolut Zeichnungen der abstrakten Expressionisten wie vereinbart den Staatlichen Museen: in dem Moment, in dem eine Hülle für ihre Kunst greifbar wird. Versprochen ist versprochen. Am heutigen Mittwoch wird in der Villa von der Heydt, wo der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz residiert, dieser letzte Schritt vollzogen. Wie vor sechs Jahren bei der ersten Vertragsunterzeichnung fixiert, übereignen Ulla und Heiner Pietzsch ihren Bilderschatz, endgültig. Aus steuerlichen Gründen – nur das Land kann die Erbschaftssteuer erlassen – ging die Sammlung zunächst an Berlin, erst im zweiten Schritt kommen nun die Staatlichen Museen zum Zug.

Allen fällt ein Stein vom Herzen

Zur Feierstunde kommen auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters und Regierender Bürgermeister Michael Müller. Ihnen fällt wohl allen ein Stein vom Herzen. Die in Aussicht gestellte Schenkung, 160 Werke, war Auslöser für die Forderung nach einem Museum des 20. Jahrhunderts, das nun in greifbare Nähe rückt. Als einer der Mitbegründer des Vereins der Freunde der Nationalgalerie und langjähriger Kassenwart wusste Heiner Pietzsch nur zu gut um die Platznöte im Miesvan-der-Rohe-Bau. Seit Jahren ist dort nur ein Bruchteil des Bestands zu sehen, mal befinden sich die Expressionisten im Depot, mal Barnett Newsmans „Who is afraid of Red, Yellow and Blue“. Für Berlins wichtigstes Ausstellungshaus der Moderne eine unhaltbare Situation. So entwickelte der heute 86-Jährige seinen Plan einer sanften Erpressung und verband den Wunsch, die eigene Sammlung seinem Stammmuseum zu vermachen, geschickt mit der Vorgabe, dass ein Neubau hermuss. Ansonsten gab es keine Bedingung: In die Präsentation wird sich der Sammler nicht einmischen. Die im Modell von Herzog & de Meuron bereits reservierten Säle geben jedoch eine Ahnung davon, welche Rolle die Werke für das Museum spielen.

Pietzsch’ Strategie ist aufgegangen. Die Präsentation der Kollektion 2009 unter dem Titel „Bilderträume“ hatte gezeigt, was auf dem Spiel stand. Die Aussicht auf eine mit 120 Millionen Euro bezifferte Spitzensammlung, zugleich die Angst, sie zu verlieren, brachte die Staatlichen Museen in Schwung und Monika Grütters auf den Plan. Sie machte das Museum zu ihrer Sache, die Haushälter im Bundestag bewilligten 2014 überraschend 200 Millionen Euro. Seitdem wird ein Tempo vorgelegt, das eine Eröffnung 2021 realistisch erscheinen lässt. Ein Bildertraum geht damit in Erfüllung.

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